Dat söte Länneken, das süße Ländchen, so wird die Insel Hiddensee liebevoll genannt.
Das wollte ich gerne kennenlernen.
In den ersten Novembertagen, in denen ich auf Rügen war, entschloss ich mich, mit einer kleinen Wandergruppe und einem einheimischen sachkundigen Begleiter auf die Insel Hiddensee zu fahren.
Mit PKWs fuhren wir ca 40km von Binz nach Schaprode, von wo die Überfahrt sein sollte.
Schaprode besitzt am Ortsrand einen Großparkplatz, der im Sommer immer voll ist.
Zu dieser Jahreszeit konnten wir auf dem kleinen Parkplatz direkt am Hafen in Schaprode parken, wo auch die Hiddenseer ihre Jahresparkplätze haben, da die Insel autofrei ist.
Schaprode ist ein hübsches kleines Dorf am Schaproder Bodden.
Es gibt regelmäßige Fährverbindungen nach Neuenhaus, Vitte und Kloster auf Hiddensee.
Die Überfahrt dauert 1 bis 1 ¼ Stunden,
Auf uns wartete ein Wassertaxi.
Das Taxi legte ab, sobald wir eingestiegen waren.
Im Hafenbereich noch mit verhaltener Fahrt,
drehte der Kapitän im freien Wasser auf.
700PS beschleunigten auf 22 Knoten. Das machte riesigen Spaß.
Nach 20 Minuten legten wir in Vitte, dem mittleren Ort auf der Insel an.
Fischerboot
Die niederen Teile von Hiddensee werden von Dämmen geschützt, die gleichzeitig schöne Rad- und Wanderwege sind.
Unser Ziel war Kloster im Norden der Insel.
Nur noch selten sieht man Häuser, die noch nicht renoviert sind wie dieses hier. Meistens sind es Häuser, bei denen die Eigentumsfrage noch nicht geklärt ist, wo das Geld für Renovierung fehlt, oder Eigentümergemeinschaften sich nicht einigen können.
In diesem Zusammenhang erfuhr ich hier und auch in Binz zum ersten Mal Näheres über die „Aktion Rose“, einem ganz dunklen Kapitel der DDR Geschichte.
Ich möchte hier auf die brutalen, unvorstellbaren Enteignungen von 1953 nicht eingehen, zur Information hier der Link
https://de.wikipedia.org/wiki/Aktion_Rose
Bevor die Touristen kamen, lebten die Hiddenseer früher vom Fischfang und ein wenig Landwirtschaft. Ea war ein karges, armes Leben.
Das hat sich Ende des 19. Jahrhunderts geändert.
Touristen kamen , aber auch Künstler ,Schriftsteller und Wissenschaftler entdeckten die Insel als Urlaubsort .( Albert Einstein, Sigmund Freud oder Gerhart Hauptmann)
Heute bestimmen schmucke Häuser das Bild.
Das Haus ( ganz links) der Stummfilmschauspielerin Asta Nielsen ,wo auch Joachim Ringelnatz öfter zu Gast war.
Die „Blaue Scheune“ der jüdischen Malerin Henni Lehmann in Vitte war bis 1933 kultureller Treffpunkt von Künstlern.
So kann man die Insel erkunden.
Wir gingen zu Fuß zunächst am Strand der Westküste entlang.
Ich hatte auch hier kein Glück ( wahrscheinlich auch keine Geduld), Bernstein zu finden.
Unterhalb von Kloster ist das Land nur wenige Meter oberhalb des Meeresspiegels. Es ist nasser, sandiger Boden- hin und wieder von Salzwasser überschwemmt.
Diese Salzwiesen sind ideale Rastplätze für Enten, Gänse und zu gegebener Zeit auch für Kraniche. Anfang November waren dort keine mehr zu sehen . (Gesehen habe ich sie dann noch auf einem abgeernteten , noch nicht umgepflügten Feld nahe am Jasmunder Bodden)
Ein paar der vielen hundert Gänse, die sich dort aufhielten.
Hiddensee ist autofrei ( zumindest von privaten PKW ) und hier in Kloster ist ein Teil der Hauptstraße ( noch) nicht gepflastert.
Das Fahrrad ist „Hauptverkehrsmittel“ im Ort.
Hier wohnte Gerhart Hauptmann- ein etwas kauziger Mitbürger, der sich nach Erzählungen der Einheimischen nicht besonders gut in die Dorfgemeinschaft einfügte.
Sein Haus ist heute Museum.
Gerhart Hauptmann starb zwar in Schlesien, er wurde jedoch in Kloster auf Hiddensee beigesetzt.
1296 gründeten Zisterziensermönche hier ein Kloster. Von der Abtei zum Heiligen Nikolaus ist kaum noch etwas zu sehen.
Diese rund 600 Jahre alte Kirche ist das einzige noch erhaltene Gebäude aus der Klosterzeit.
Die Kirche wurde mehrmals umgebaut, der Eingang wurde verlegt, die Fenster vergrößert, ein kleiner Vorbau mit Glockenstuhl angebracht und zeigt sich jetzt nach der Restaurierung als helles, freundliches, aber ungewöhnliches Gebäude.
Auffallend ist die weiß blaue Farbgestaltung und sind die vielen Rosen an der Decke auf blauem Untergrund.
Der Taufengel, der im Inneren an der Decke hängt, wurde früher bei Taufen herabgelassen.
In seiner Schale in Form einer Jakobsmuschel befand sich Ostseewasser. Damit wurde getauft.
Heute wird das hölzerne Taufbecken benützt.
Für jemand aus Süddeutschland ist der Kanzelaltar etwas Besonderes- hinter und direkt über dem Altar erhebt sich die Kanzel.
Ich habe das auch noch in anderen evangelischen Kirchen auf Rügen gesehen.
Diese Anordnung ist wohl der Ausdruck für die Bedeutung der Verkündung des Wortes und der Predigt im Rahmen eines Gottesdienstes.
Links vom Altar ein alter Grabstein eines Abtes - einer der wenigen Reste aus dem Kloster.
Hinter der Kirche führt ein sandiger Weg hinauf auf den 72 m hohen Bakenberg auf dem Dornbusch , dem nördlichsten Teil der Insel Hiddensee.
Sanddorn gehört zu den auf der Insel weit verbreiteten Sträuchern.
Fast ganz oben kommt man an einen wunderbaren Aussichtspunkt.
Blick nach Osten Richtung Rügen zum Ort Grieben und auf die beiden Sandbänke ( „Haken“) Alter Bessin und Neuer Bessin, die sich ständig verändern und durch Anlagerungen jährlich immer größer werden.
Sie sind ein Paradies für Wasservögel.
Nach Süden geht der Blick über den südlichen Teil der Insel – weit im Hintergrund erkennt man das Festland und bei klarer Sicht kann man die Silhouette von Stralsund erkennen.
Geht man durch den Kieferwald
nach Westen am Restaurant Klausner vorbei, so kann man an der Abbruchkante 130 Stufen zum steinigen Strand hinuntersteigen.
Ganz Norden Im Norden der Insel, auf dem Schluckswiek, steht das Wahrzeichen der Insel, das Hiddenseer Leuchtfeuer „Dornbusch“
Im Spätherbst ist der Leuchtturm nur selten geöffnet, so dass wir unsere Wanderung unterhalb davon fortsetzten.
Der Weg führte hinunter in den kleinen Ort Grieben am schilfreichen Bodden auf der Ostseite von Hiddenssee.
Ein altes Gasthaus , das „Gasthaus zum Enddorn“ war unser Ziel.
Eingerichtet wie ein kleines Museum, mit zahlreichen Originalbildern an den Wänden, alten Gerätschaften, Töpfen, Gefäßen , weichen dicken Ledersesseln, einem wohl 100 Jahre alten Sofa lud es uns zu einer ausgedehnten Pause ein.
Bei Kaffee, Glühwein, selbstgebackenem Kuchen, heißem Sanddornsaft ( mit und ohne „Geist“ ) konnten wir uns gut aufwärmen.
Vom Gasthaus war es nur eine Viertelstunde zum Hafen von Kloster.
Hier der „Parkplatz“ der Inselbewohner am Hafen.
Jeder Handwagen gehört zu einem bestimmten Haus.
Unser Taxi , die „Störtebeker“, legte an , um uns wieder abzuholen.
Es wurde schon leicht dämmrig und die 700PS arbeiteten wieder auf vollen Touren.
Fahrt über den Bodden zurück zum Hafen Schaprode.
Im November auf die Insel Hiddensee zu fahren, hat sicher einen besonderen Reiz.
Es waren nur wenige Touristen unterwegs und wenn man einen solch traumhaft schönen, klaren Tag erwischt, wie es uns gelang und man mit einer solch netten, zufällig zusammengetroffenen Wandergruppe gemeinsam unterwegs ist, so ist das einfach nur Glück, das ich auch wirklich genießen konnte.
Elke