Die Heimfahrt ein bisschen außen rum!
Am Vorabend hatte es in Berg schon leicht zu regnen begonnen. Deshalb hatte ich ein ungutes Gefühl als ich morgens den Vorhang vom Hotelzimmer beiseite schob. Und tatsächlich, es regnete immer noch!
Dabei wollte ich meiner Frau heute den höchsten deutschen Berg zeigen. Naja, vielleicht tut sich da noch was. Es soll ja von Norden her besser werden.
Nach dem ausgiebigen Frühstück und dem auschecken fuhren wir Richtung Garmisch.
Trotz eindringlicher Bitte hatte Petrus kein Einsehen und wir keine Sicht auf die Berge. Es war heut nix mit der Zugspitze. Vielleicht hätten wir rauffahren sollen!? Möglicherweise hätten wir da oben Sonnenschein gehabt. Das war mir bei den Fahrpreisen aber zu ungewiss!
Wir bogen vor Garmisch rechts ab und fuhren nach Ettal.
Im Regen spazieren zu gehen macht keinen Spaß, aber die Klosterkirche wollten wir uns doch anschauen. Wir hatten ja Schirme dabei und drinnen regnets ja nicht.
Als Gründungs- und Stiftungstag des Klosters gilt der 28. April 1330. Seinen Ursprung verdankt es dem "Herzog von Bayern-München", zugleich römisch-deutschen Kaiser Ludwig IV., genannt der "Baier", dieser Begriff war ursprünglich ein Schimpfwort des dem Kaiser gegnerisch gesinnten Papstes. Die Überlieferung der Gründung steht beziehungsreich zwischen Historie und Legende, wobei die Tatsache des Romzuges des Kaisers im Jahre 1328 das historische Datum angibt. Zum anderen existiert als bildhaftes Dokument die Marmorstatuette der Ettaler Madonna im Hochaltar der Kirche, die der Kaiser jedenfalls von diesem Italienfeldzug mitgebracht hat.
Der erste Blick in die runde barocke Basilika lässt mich den Chorbogen mit dem dahinter liegenden Hauptaltar, und rechts und links je eine Gruppe mit drei Nebenaltären erkennen.
Im unteren Bereich des Chorraumes hat man außer dem schwarzen italienischen Marmor auch Ettaler Marmor, der bis ins 19. Jahrhundert zwischen Ettal und Oberammergau gebrochen werden konnte verarbeitet. Die oberen Zonen sind in Stuckmarmor (einer polierten Gipsmasse) gefertigt.
Das Altarbild zeigt die Mutter Maria auf ihrem Weg in die Ewigkeit aufzusteigen.
Auf dem Deckengemälde des Chores eilt Jesus seiner Mutter entgegen. Altarbild und Deckengemälde sind Werke von Martin Knoller aus dem Jahre 1786.
Auf der Altarmensa steht wie ein tempelartiges Gehäuse, die Tabernakelanlage für das Sanctissimum und für die Nische, die das kleine, aber monumentale Gnadenbild, die Ettaler Madonna birgt. Diese "Kaisermadonna", die für das Mittelalter auch nach damaliger Vorstellung den gottgegebenen, kaiserlichen Machtanspruch versinnbildet, ist der Mittelpunkt Ettals von Anfang an. Ursprünglich farbig bemalt, ist sie seit der Barockzeit bekleidet. Kurz nach 1300 in einer Werkstatt in Pisa entstanden, ist diese Statuette vermutlich ein Geschenk der kaisertreuen Stadt Pisa an Ludwig den Bayern der das Gnadenbild 1330 nach Ettal brachte.
Über dem Chorbogen zeigt eine Darstellung jene Szene, die zur Klostergründung geführt haben soll: Der hl. Benedikt erscheint Kaiser Ludwig dem Bayern und übergibt ihm die Marmormadonna mit dem Auftrag, das Kloster zu gründen.
Im Kirchenschiff sind sechs Altäre von Johann Baptist Straub zu zwei Gruppen angeordnet, wobei der mittlere Altar jeweils besonders reich geschmückt ist. Die Gemälde stammen von Knoller (3), Scheffler, Zeiller und Hermann.
Die Gruppe links vom Altar.
der Auferstandene im Kreise seiner Jünger
linker Mittelaltar: segnender Bischof
weibliche Blutzeugen
Die Gruppe rechts vom Altar:
die Heilige Familie
rechter Mittelaltar: der Tod Benedikts
männliche Blutzeugen
Eingeklemmt zwischen den beiden ersten Altären auf der linken Seite verliert sich etwas die schwungvoll bewegte Kanzel mit den Evangelistensymbolen, bekrönt mit dem Bekämpfer des Bösen, dem Erzengel Michael.
In der Mitte über mir sehe ich das riesige Kuppelfresko Zeillers aus dem Jahr 1746. Alles in allem bewegen sich 431 Gestalten auf diesem Kuppelgemälde, das von J. Zeiller in vier Sommerhalbjahren, vielleicht mit fünf bis sechs Gehilfen geschaffen wurde.
Die Barockorgel wurde um 1763 von dem Orgelbauer Johann Georg Hörterich aus Dirlewang bei Mindelheim konstruiert und zum letzten Mal Ende der 1960er Jahre durch die Firma Zeilhuber & Sohn aus Altstädten bei Sonthofen restauriert, wobei besonders darauf geachtet wurde, den ursprünglichen historischen Charakter des Instruments wiederherzustellen.
Die beiden Beichtstühle im warmen Holzton und ihren weißen und goldenen Verzierungen sind Meisterwerke für sich.
Das Dach des Beichtstuhles scheint nicht allzu schwer zu sein.
Wer den Beichtstuhl betritt wird durch den Sensenmann an sein letztes Stündlein erinnert.
Beeindruckt von der barocken Pracht verliessen wir die Basilika und schauten in den grauen verregneten Himmel.
Ein Schulkamerad aus der Grundschule verbrachte hier im strengen, von den Benediktinern geführten humanistischen Gymnasium seine Zeit bis zum Abitur und wohnte im angeschlossenen Internat.
Leider ist im Zusammenhang mit den 2010 bekannt gewordenen Missbrauchsfällen in katholischen Einrichtungen auch das Benediktinergymnasium Ettal und das Klosterinternat in den Blickpunkt der Öffentlichkeit geraten. Ein vom Kloster und dem erzbischöflichen Ordinariat eingesetzter Privatermittler bestätigte in seinem Abschlussbericht, dass in Ettal bis etwa 1990 über einen Zeitraum von mehreren Jahrzehnten hinweg hunderte Kinder misshandelt, gequält und teils auch sexuell missbraucht wurden.
Wir fuhren weiter nach Oberammergau um uns dort nach neuen Krippenfiguren umzusehen. Schnell stellten wir fest, dass die Schnitzereien die uns gefielen, unsere Preisvorstellungen weit übertrafen. Wir geben uns dieses Jahr noch mal mit der alten Krippe zufrieden.
Nach einer Stärkung mit Kohlrouladen und einer leckeren Hollerschorle fand ich einen Strafzettel am Auto. Es stand halt im Parkverbot. Selbst schuld!
Der Weg nach Linderhof führte uns ein Stück die Straße Richtung Ettal zurück.
An der steilen Felswand des Kofel entdeckte ich eine Grotte mit einer Figur.
Zu mehr als zu einem Foto aus dem Auto konnten wir uns bei dem Sauwetter nicht entschließen. Den Regen kann man auf dem Bild gut erkennen. In der Grotte steht eine Christusfigur mit der Osterfahne.
Am Fuße der Felswand hat man eine Nische in die Wand geschlagen und dort ein Ölgemälde aufgehängt, das die Legende zur Klostergründung zeigt. Das haben wir aber vom Auto aus nicht erkennen können.
Wir setzten die Fahrt nach Schloss Linderhof fort.
Aus einem hölzernen Jagdhaus seines Vaters Maximilian II. entstand durch An- und Umbauten durch König Ludwig II. zwischen 1868 und 1886 das schmucke kleine Schlösschen Linderhof. Der 30 x 27 Meter messende Schlossbau kam 1886 durch den Tod König Ludwigs II. zum Abschluss. Die Fertigstellung des neuen Schlafzimmers erlebte er nicht mehr. Weder das geplante Projekt eines Versailles nachempfundenen Schlosses in der Talebene noch die Pläne zur Errichtung eines großen byzantinischen Palastes kamen zur Ausführung. Trotzdem erahnt man in den Garten- und Parkanlagen das französische Vorbild.
Trotz des miserablen Wetters waren wir bei der Führung durch die Räume des prachtvollen Schlösschens nicht allein. Leider durfte nicht fotografiert werden.
Hier findet Ihr Bilder.
(Schloss Linderhof und dann Rundgang anklicken.)
Wir verließen das Schloss durch den Hinterausgang und blickten auf die Kaskaden.
Über 30 Marmorstufen plätschert das Wasser vom Musikpavillon zum Neptunbrunnen.
Über die Ostparterre stiegen wir hinauf zur Venusgrotte.
Hier durfte ich fotografieren. Doch das war gar nicht so einfach!
Ohne Blitz war das Bild zu dunkel.
Und mit Blitz war die Stimmung futsch.
Aber wozu gibt es Bildbearbeitungsprogramme?! Da kann man ein bisschen was machen.
Die künstliche Tropfsteinhöhle mit See und Wasserfall wurde nach dem Vorbild des Hörselberges aus dem ersten Akt der Wagneroper "Tannhäuser" gestaltet.
Neben "Königssitz" und "Loreleyfelsen" gehört ein vergoldeter Muschelkahn zur Ausstattung.
Dazu Wagners Musik! Das ist ein tolles Erlebnis! Nur hatte es die Fremdenführerin viel zu eilig. Schade!
Diese 1876/77 durch den Landschaftsplastiker A. Dirigl gebaute naturalistische Raumbühne wurde mit Bogenlampen ausgeleuchtet. Den hierfür notwendigen Strom erzeugten 24 Dynamos in dem 100 m entfernten Maschinenhaus, einem der ersten bayerischen Elektrizitätswerke.
Noch ein paar Eindrücke aus anderer Perspektive und sich verändernden Farben.
Wegen des Regens verzichteten wir auf einen Spaziergang durch den herrlichen Park mit weiteren Sehenswürdigkeiten wie dem "Maurischen Kiosk", der Hundinghütte, der Einsiedelei, usw.
Über den Musikpavillon…
Blick vom Musikpavillon
… gingen wir zurück zum Auto und traten die Heimfahrt an.
Dabei durchquerten wir das Ammergebirge, vorbei am Lindergries und dem herrlich gelegenen Plansee bis kurz vor Reutte. Dort fuhren wir auf die mautfreie Schnellstraße Richtung Kempten.
Ich hätte gerne noch viele Fotos gemacht. Leider hätte es sich bei dem schlechten Wetter nicht gelohnt. Ich war sicher nicht das letzte Mal im wunderschönen Voralpenland!
waldi