Gedanken zur ungarischen Tiefebene.
Fast jeder hat von ihr gehört, aber nur wenige kennen sie wirklich. Die Tiefebene hat der Welt Wörter gegeben, die zwar in aller Munde sind wie Puszta, Paprika, Csárda oder Csikós, deren tatsächliche Bedeutung aber nur die Menschen kennen, die diese besondere Landschaft selbst besuchen bzw. schon entdeckt haben. In der Tiefebene, ist die größte mit Steppengras bedeckte Puszta und die größten alkalischen Sümpfe und Seen Europas. Diese Seen verbergen Schätze, die anderswo nicht zu finden sind.
Der Csikós zeigt zum Vergnügen der Besucher bravouröse Reiterkünste. Er weiß aber genauso gut umzugehen mit den Tieren wie einst seine Vorfahren.
In der Csárda werden die Gäste vorzüglich bewirtet. Die Wände und Einrichtung des Gebäudes erzählen von der Vergangenheit.
Sie erzählen von den Zeiten, in denen sich die zusammen mit den Tieren auf den Wiesen lebenden Schafhirten, Csikós und Rinderhirten in den Wirtshäusern der Puszta begegneten. Natürlich berichten sie von den legendären Betyaren, die zwar von den Behörden als Straßenräuber abgestempelt wurden, aber in den volkstümlichen Legenden als Helden, als Beschützer der Armen dargestellt wurden.
Ein Teil der Csárda-Gebäude wurde direkt an der Grenze von zwei Komitaten errichtet. Die Panduren konnten den Betyaren der Tiefebene nur bis zur Grenze nachjagen, da die Betyaren dann in der Mitte der Csárda in das andere Komitat hinüber spazieren konnten und somit in Sicherheit waren.
Zu den Betyáren (Räubern) ist mir ein ungarisches Volkslied untergekommen, das ich schon an anderer Stelle eingestellt habe aber hier doch nochmals wiedergeben möchte.:
Nicht nur Panduren und Gendarmen jagten die Betyáren, auch die Unbilden des Wetters, Regen, Schnee und Sturm setzten ihnen zu:
Trink, Betyár, die Zeit vergeht,
Kalter Wind vom Berge weht.
Ist einmal das Laubwerk weg,
Findt im Wald er kein Verstek.
Nimmt ein großes Lattichblatt,
Daß er eine Zudeck hät.
Im Winter war es am leichtesten, die Betyáren zu umstellen und einzufangen und da gab es oft weder Richter noch Verhandlung; sie wurden einfach an den nächsten Baum aufgehängt:
Pappel an des Dorfes Rand,
Den Betyár man darauf band,
Unten schon die Wölfe lauern,
Um ihn nur die Krähen trauern.
O, mein Gott, wenn ich bedenk,
War das Leben kein Geschenk,
Hier am Galgen hänge ich
Und verdorre jämmerlich.
Die Tiefebene ist die Heimat der Legenden und der sagenhaften Sehenswürdigkeiten. Ihre größte Landschaftseinheit ist die Hortobágy, die mit ihrem Vogelreservat am Theiß-See in die Liste des UNESCO-Weltkulturerbes aufgenommen wurde.
Hier befindet sich Europas größter Obstgarten auf dem Überschwemmungsgebiet, einer der berühmtesten Wallfahrtsorte der griechisch-katholischen Kirche, die größte Windmühle und die einzige im Flachland erbaute, mittelalterliche Ziegelsteinburg Mittel-Europas, Ungarns ältester Bahnhof, das zweitgrößte Rundgemälde der Welt und einige hunderte, mehr als 2000 Jahre alte Kurgane. Die Kurgane - Kumanenhügelgräber - sind 5-10 Meter hohe, künstliche Erdhügel, die einst als Grabstätten, Lagerplätze oder Wachposten dienten.
In Ungarn ist die Zahl der Sonnenstunden hier am höchsten und der Sage nach badet hier auch die Sonne im Thermalwasser. Tatsächlich grenzen die durch ihre Heilbäder berühmten Ortschaften aneinander.
Liebe Grüße
Josef