Diese Tage war ich wieder mal in Miltenberg.
Es stach der Staffelbrunserbrunnen ins Auge.
Erstellt wurde der Brunnen von dem Aschaffenburger Bildhauer Helmut Kunkel im Auftrag des Fremdenverkehrsvereins Miltenberg.
Kurzerklärung: Staffel = Treppe und brunsen = urinieren
Warum stehen da drei Buben und pinkeln um die Wette?
Ein Informationsschild versucht es zu erklären.
Kurzform: Von Nachbargemeinden wurde aus den "Staffelbrunnlern" die "Staffelbrunser" gemacht.
Dies ist aber nur eine Form der Namenserklärung. Ein Gedicht, das zur Enthüllung des Brunnens verfasst wurde nennt noch eine zweite Möglichkeit.
Staffelbrunser
Zu soueme Denkmal was zu saache,
des werd net efach - ohne Fraache.
In de Büscher, do hab ich nix drüwwer g´funne,
drum is halt alles - nur mol ogenumme.
Betrachte mer die Börschli im Genaue,
de Gsichter nooch: en Ogebber, en Schinande un en Schlaue.
Un gugge mer weiter, was die do mache -
do könnt ma heut nur drüwwer lache.
Doch domols - domols war alles annerscht als heut,
do war vieles net sou - a net die Leut.
Machemer uns doch jetzemol klar,
wie des früher bei uns sou war.
En Mischthaufe gabs fascht vor jedem Haus,
aus de Fenschter kippt ma die Nachtdippe naus.
Die Unnerhose von de Weibsleut, warn im Schritt geschlitzt,
so konntese ihr G´schäft mache un ma hot gment, die Fraa sitzt.
Miltebersch war zwar scho als Stadt bekannt,
de Viecher nooch, aber doch mehr uffm Land.
Wertschafte hots grad gnuch gäbbe,
für die, die nooch der Ärbet en morz Dorscht g´habt häbbe.
Aach bei de Fremde, aus Hebboch un Börschet, warn unser Wertschafte beliebt,
eener von denne, is dann a der, der uns Milteberscher unsern Name gibt.
Zur Vorgeschichte, do muss ma a no wisse
was längscht is weg - un was is abgerisse.
Vor de Häuser die Treppetritt - un des annere Geraffel,
mir Milteberscher sache zu de Treppetritt: Staffel.
Ich meen, mir hämm jetzt was mer brauche,
fassemers zamme un gugge mol, was die Fakte dauche.
Sou, do is also eener von uns, nocheme Wertschaftbesuch,
uffem Heemwesch - hot Bier un Woi grad genuch.
Un plötzlich verspürt er en Druck - un hält inne,
lässt was er net halte kann, plätschern un rinne.
Des heßt, verefacht gsacht, ganz unscheniert -
hot der nur uffn Treppetritt uriniert.
En Fremde hots gsehn un nahms in Kauf,
so nahm unser Gschichte ihren Lauf.
Wies ausgeht, des is uns wohlbekannt,
die häbbe uns seither Staffelbrunser genannt.
Ma säscht, die Kräutsköpf hämm uns de Name gäbbe.
Genau betracht, wisse mir dann a was die in ihrene Köpf drin häbbe.
Denn Kräuts kümmt net von Kruzifix,
Kräuts kümmt von Kraut - un von sunscht nix.
Ergo stellt sich doch die Fraache:
Stimmt des, was Leut mit solchene Köpf saache?
Ob sou oder sou - des will heut keeneer mehr wisse,
un unsern Name wollemer scho gornetmehr misse.
Denn stellt euch vor, unsern Ahne hatt net an die Staffel uriniert,
sondern uff die Hauptstroß kotiert.
Ich glaab, des hätte mirm übelgnumme
un dann hätte mer a sicher - keen sou schöine Brunne.
Zum End zu, do kann ich nur alles lobe,
die Mauer is fertisch - von unne bis obe.
Schöi issses worn - mit Blumme, Wiese, Terrasse
un en Brunne, wo drei Bube Wasser lasse.
Un a der Künschtler hat scheints sei Penunze,
do kann ich nur hoffe, dass die Männli a recht lang brunse.
Ein Mundartgedicht zur Einweihung des Staffelbrunser-Brunnens in Miltenberg am 19.08.2016, von Werner Reuling
Quelle: Historisches Miltenberg
Diese Quelle verrät auch wie das Gedicht zustande kam und zeigt einige Bilder von der Einweihung des Staffelbrunserbrunnens.
Ich habe noch eine dritte mögliche Erklärung: Seit Jahrhunderten haben die Gemeinden am Ufer des Maines mit Hochwasser zu kämpfen. Meine Heimatstadt Wörth gehörte bis zur Hochwasserfreilegung ebenso dazu wie Miltenberg, das 2016 den Schutz fertigstellte.
Davor holten sich die Bewohner der Altstadt in beiden Orten regelmäßig nicht nur nasse Füße, sondern konnten auch nicht die oft mehrere Meter vom Wohngebäude entfernt aufgestellten Häuschen mit dem Herzen erreichen. Oft blieb ihnen nur, ihre Notdurft den Fluten zu übergeben. Die Wörther wurden dadurch zu Schlackschissern weil sie ihren Hintern aus dem Fenster (Schlack) reckten. Die Miltenberger pinkelten halt von der Treppe in den Main. Die Bürger von Fechenbach wurden Staffelscheißer, die Faulbacher wurden Bachscheißer, die Wörther Schlackschisser und die Miltenberger Staffelbrunser oder Meescheißer.
In der Information am Anfang meines Berichtes wurde der Staffelbrunnen erwähnt und als Namensgeber für die Staffelbrunser angegeben.
Den möchte ich Euch auch zeigen.
Der Staffelbrunnen
Bis 1897 erfolgte die Wasserversorgung in der Stadt über 10 bis 12 Brunnen. Der um 1600 erbaute Staffelbrunnen wurde im Zuge der Einrichtung der Fußgängerzone 1985 wieder freigelegt. Der Name kommt vom zweiläufigen Auf- und Abgang: den Staffeln = Stufen.
Liebe Grüße von waldi