05. Tag – 13.11.2021 – Der Weg nach Westen
Heute hat ein neues Abenteuer begonnen. Ich bin auf der Autobahn nach Westen gefahren in Richtung Merida. Nach einer Weile beginnt die mautpflichtige Strecke, und als ich Valladolid als mein Ziel angab, musste ich ca. 250 Pesos Maut bezahlen. Teilweise fuhr ich ganz allein auf der immer geradeaus durch den Urwald führenden Trasse. Das war mir nur recht, denn wo kein anderes Fahrzeug war, konnte ich auch nicht angehalten werden.
Man hört vielfach, dass man mit Militär- oder Polizeisperren rechnen muss, wo man in der Regel als Tourist jedoch durchgewunken werden soll. Man hört jedoch auch teilweise, dass die Polizei einen auch schon mal anhalten soll und die Behauptung aufgestellt wird, man sei zu schnell gefahren, auch wenn das nicht der Fall war, um sich das nicht allzu hohe Gehalt etwas aufzubessern, doch passierte mir so etwas zum Glück nicht. Zur Sicherheit soll man nicht das ganze Geld in seinem Portemonnaie aufbewahren, sondern nur ein paar Hundert Pesos. Im Extremfall kann man dann zeigen, dass man nicht viel dabei hat, und die Beamten geben sich dann vielleicht mit dem Portemonnaie-Inhalt zufrieden.
Nördlich von Valladolid bog ich von der Autobahn ab und fuhr zur ersten meiner größeren Maya-Ruinenstätten nach Ek Balam. In Temozon parkte ich kurz zuvor auf dem Dorfplatz und kaufte in einem Oxxo-Supermarkt Zigaretten und eine Tüte Erdnussflips, da ich heute auf mein Frühstück verzichtet hatte. Solche Flips scheinen in allerlei Varianten in Mexiko der Renner zu sein und werden auch vielfach an Stränden angeboten. Im Dorf schaute man mich doch recht erstaunt an. Wahrscheinlich sieht man hier nicht besonders oft Touristen. Außer Blicken hatte ich jedoch nichts zu ertragen.
Dorfplatz in Temozon
Nach insgesamt 170 Kilometern parkte ich auf dem Parkplatz vor der Mayastätte, der gleichzeitig auch zum nahe gelegenen Cenote X-Canche (gesprochen „Esch-Kanschee“) gehörte. Der Eintritt war mit ungefähr 450 Pesos nicht gerade günstig. Ich war etwas aufgeregt. Das würde meine erste, richtige Maya-Stätte sein. Ein recht zwielichtiger Mexikaner, der mich „Amigo“ nannte, erklärte mir ungefragt, wo die Mayastätte und wo der Cenote sei. Sein Job sei es, auf die Autos aufzupassen. Ja, wollte er jetzt dafür Geld von mir, oder was? Ich gab ihm nichts, begab mich auf den Pfad durch den Urwald und kam alsbald an eine Lichtung. Da wir erst gegen halb 9 Uhr hatten, war noch nicht allzu viel los. Das erste, was ich sah, war ein kleines, eckiges Gebäude mit kurzen Treppenaufgängen, der Eingangsbogen. Daneben war jedoch ein stattliches Gebäude. War das etwa bereits eine Pyramide? Auf den alten Steinen streckten große Leguane ihre Köpfe in die Sonne und brachten ihre Körperwärme so auf Temperatur. Man konnte sie sogar recht gut fotografieren, wenn man nicht allzu nah kam. Auf der anderen Seite sah ich, dass das stattliche Gebäude tatsächlich eine lange Treppe hatte, doch konnte das doch nicht schon die Pyramide sein. Die Größe beeindruckte mich aber bereits. Aha – das war der Ovale Palast. Er wurde nach kosmologischen Gesichtspunkten ausgerichtet. Einige Touristen waren die Mauern emporgestiegen und machten vielerlei Fotoaufnahmen. Ich stellte fest, dass sich hier doch etliche Deutsche aufhielten. Ich sprach sie erfreut an, und auch sie lachten erstaunt. Bis man ganz oben war, hatte man viele anstrengende Stufen zu erklimmen. Da es ein sehr sonniger Morgen war, begann ich schon zu schwitzen. Doch der Aufstieg hatte sich gelohnt, denn von oben hatte man einen guten Überblick. Hinter dem gegenüberliegendem Gebäude, welches als „Die Zwillinge“ bekannt ist, da es zwei ähnliche Treppenaufgänge besitzt, sah man eine noch größere Ruine auf einer weiteren Lichtung aufragen. Das war sie. Die 30 Meter hohe und „Akropolis“ genannte Hauptpyramide erhob sich inmitten des Blätterdachs.
Pfad zur Maya-Stätte
Eingangsbogen und Ovaler Palast
Der Ovale Palast
Blick vom Ovalen Palast über die Zwillinge zur Hauptpyramide im Hintergrund
Blick vorbei an den Zwillingen zum Ovalen Palast
Hinter den Zwillingen erreichte ich den Ballspielplatz mit zwei Steingebäuden auf beiden Seiten aus dem Jahre 841. Die Maya spielten doch tatsächlich ein ebenso merkwürdiges wie makabres Spiel. Mit einem runden Ball musste ein oft mehrere Meter über dem Boden angebrachter Steinkreis getroffen werden. Der Ball durfte jedoch nur mit den Hüften, den Ellenbogen oder Schultern gespielt werden. Das stelle ich mir sehr schwierig vor. Die Gewinner wurden – was man anhand mancher Zeichnungen in Erfahrung brachte – den Göttern geopfert. Denn schließlich wollte man ihnen keine Verlierer darbringen, was mit Sicherheit ihren Zorn erweckt hätte. Ja, die Maya waren ein rohes Volk, und ein eben noch schlagendes Herz war das höchste Opfer, was man erbringen konnte.
Ballspielplatz
Pfade neben der Maya-Stätte
Über den Hauptplatz, der von zwei größeren Plattformen flankiert wird, betritt man wieder den Wald. Und dann schimmert sie durch das Blätterwerk hindurch, die Pyramide. Das Besondere an Ek Balam ist, dass man die Pyramide besteigen darf. In vielen anderen Mayastätten ist dies untersagt. Kommt man aus dem Wald heraus auf die Lichtung, ragt sie in den Himmel, weshalb sie sich nicht besonders gut fotografieren lässt. Die unzähligen Stufen verdeutlichten ihre Höhe, und jetzt bereits zahlreiche Touristen machten sich an den schweißtreibenden Aufstieg. Eine weitere Besonderheit ist eine äußerst gut erhaltene und detaillierte Stuckwand auf einer der Seiten, die nur unschwer die enormen künstlerischen Fähigkeiten der Maya unter Beweis stellt. Hier wurde der Herrscher Ukit Kan Le’k Tok‘ begraben. Die Tür hat die Form eines Jaguarmauls.
Hauptpyramide
Schweißtreibender Aufstieg
Ich habe hier mitten auf einem öffentlichen Gang am Innenhof des neuen Hotels einen Tisch aufgebaut, an dem ich auf dem Notebook diese Zeilen schreibe. Die anderen Bewohner, die an mir vorbeikommen, schmunzeln, doch schließlich trinke ich etwas Wein beim Schreiben und rauche auch mal eine Zigarette dabei, und das ist schließlich nicht innerhalb meines Zimmers möglich.
Die Sonne knallte. Mein Schweiß tropfte auf den Boden, doch selbstverständlich musste die Pyramide erklommen werden. Die Stufen sind allesamt recht kurz. Die Maya mussten ein eher kleinwüchsiges Volk gewesen sein. Oben angekommen hatte man einen unbeschreiblichen Blick über den gesamten Urwald.
Alte Mayakunst
Teil der Stuckwand
Eingang zum Grab des Herrschers
Der Blick den Treppen hinab
Blick über den Urwald zu den Zwillingen und zum Ovalen Palast
Abschied von der Pyramide
Jetzt brauchte ich eine Abkühlung. Da kam mir der nahe gelegene Cenote gerade recht. Aufgrund der anhaltenden Corona-Pandemie darf man den Weg zum Cenote zurzeit mit dem Auto fahren. Vor dem Bad hieß es, die Reste der Sonnencreme vom Körper zu duschen, um das reine Wasser nicht zu verunreinigen. Als ich hinunterstieg, war ich baff. Der Cenote X-Canche ist gänzlich anders als der von mir besuchte Cenote Cristalino. Ein riesiges, tiefes, vollkommen rundes Loch mit zahlreichen Lianen an den Seiten, durch die sich so Mancher in das Wasser schwingt. Sogar ein kleiner Wasserfall plätscherte hinab. Ich wollte lieber gar nicht wissen, wie tief das Wasser war und nahm mir zur Sicherheit lieber wieder eine Schwimmweste. Das alles sieht nahezu surreal aus. Kleine Welse schwammen im Wasser, doch knabberten sie nicht. Man muss einfach mal hier gewesen sein.
Cenote X-Canche
In einer nahen Bar bestellte ich mir zum Mittagessen einige kleine Quesadillas und ein Bier. Herrlich. Und was noch herrlicher war – neben der Bar befand sich ein überdachter Hängemattenbereich. Ich konnte gar nicht anders und legte eine halbstündige Pause in der Hängematte ein.
Interessierter Besucher
Quesadillas
Pause
Dann ging’s nach Valladolid. Genau im Zentrum der Kolonialstadt liegt der quadratische Stadtpark Francisco Canton Rosado. Mein Hotel liegt genau an diesem Platz. Und dass es einen abgeschlossenen, internen Parkplatz hat, wusste ich ja bereits vorher. Doch wo war der bloß? Ich hatte keine Ahnung. Also parkte ich vorm Eingang nahe einer Straßenecke. Zum kurzen Einchecken würde das ja wohl okay sein, dachte ich. Dann könnten sie mir ja auch gleich zeigen, wo der Parkplatz ist. Ich war gleich freudig überrascht, als ich reinkam. Das Hotel hat einen schönen, kleinen Pool und ein offenes Atrium in der Mitte. Machte einen guten Eindruck.
Der kleine Hotelpool
Als ich mit einem Angestellten wieder raus kam, der mir den Parkplatz zeigen wollte, fühlte bereits ein Polizist an der Motorhaube, ob sie noch warm war. Die waren schnell hier. Ich konnte ihm verständlich machen, dass ich ein Hotelgast bin und in zwei Minuten wegfahren würde. Damit gab er sich zufrieden. Das Hotel ist deutlich besser als mein Hotel in Cancun. Schade, dass ich nur zwei Nächte hier übernachte. Mein Zimmer ist super; alles macht einen guten und sehr sauberen Eindruck.
Der Rest des Nachmittags sollte mir dazu dienen, den Ort kennenzulernen. Mittlerweile hatte sich der Himmel wieder zugezogen. Die Stadt hat 50.000 Einwohner, und ich freute mich auf den Kolonialstil mancher Gebäude. Direkt am Park steht die alles dominierende Kathedrale San Gervasio. Das koloniale Stadthaus Meson del Marques ist heute zu einem Hotel geworden und nicht unbedingt eine Schönheit. Mein vorläufiges Ziel war der Mercado Municipal, ein Markt mit Obst, Gemüse, Fleisch (was oftmals wohl schon etwas länger über der Metzgertheke hängt), Gewürze und Süßigkeiten. Dort angekommen, erblickte ich ein sehr großes, längliches Gebäude. Die Mexikaner verstehen unter einem Markt vielfach ein Gebäude mit unzähligen Shops aneinander. Für mich nimmt das ein wenig vom Charme eines herkömmlichen Marktes, so wie wir ihn kennen. Ein großer Platz mit vielen Marktständen ist doch gemütlicher als ein riesiges Haus mit zahlreichen, abschließbaren Shops nebeneinander. Noch dazu waren alle Shops verriegelt. Ein Taxifahrer erklärte mir, dass alles geschlossen ist und an dieser Stelle bald ein neues Marktgebäude entstehen soll.
Brunnen am Park Francisco Canton Rosado
Esshalle im Zentrum
Kathedrale San Gervasio
In den Straßen
Die alte Markthalle
Na gut. Über die Calzada de los Frailes – wo ich in einem Souvenirshop eine Flasche Likör erstand – machte ich mich zum Convento de San Bernardino de Siena auf, dem großen Franziskanerkloster der Stadt. Das lange Gebäude ist von außen durchaus ein Staunen wert. Der Eintritt kostete 40 Pesos. Natürlich war das nicht viel, doch hatte ich Idiot nur noch 33 Pesos bei mir. Der Rest war im Hotel. Wie blöd kann man sein? Die Dame am Eingang erklärte mir, dass sie in einer halben Stunde schließen würde, nahm meine Münzen und klebte mir ein Bändchen um den Arm. Glück gehabt. Das Besondere hier war, dass alle Etagen des Klosters frei zugänglich waren. Die Räume waren jedoch weitestgehend leer, so dass man lediglich die alten Gewölbe betrachten konnte. Der Gesang einiger Mönche kam wohl aus dem Inneren der dazugehörigen Kirche, die jedoch verschlossen war. Anschließend betrat ich den Klostergarten, der im langsam einsetzenden Regen kein allzu schönes Bild abgab. Der Cenote Sis-Ha ist leider unterirdisch, so dass man nichts davon sehen kann.
Calzada de los Frailes
Der Platz vor dem Kloster
Convento de San Bernardino de Siena
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Klostergang
Da der Regen stärker wurde, schaute ich mir noch die Iglesia San Juan in der Nähe an und beschloss, dass dies für heute reichte. So konnte ich mir in einem nahe gelegenen Supermarkt noch eine Flasche Wein kaufen, denn nach 17:00 Uhr bekommt man in den meisten Geschäften keinen Alkohol mehr. Vorm Weinregal unterhielt ich mich mit einem Franzosen, der sich unschlüssig war, welchen Wein er kaufen sollte. Er war mir sehr sympathisch, reiste allein durchs Land und wollte am nächsten Tag die Mayastätte Chichen Itza besuchen, genau wie ich. Wir scherzten, dass wir uns vielleicht dort sehen würden. Das würde mich freuen, sagte ich.
Iglesia San Juan
Und nun bin ich wieder im Hotel. Dass man in Mexiko andere Steckdosen hat als bei uns in Deutschland, war mir ja bewusst, und so hatte ich extra vier Steckdosenadapter mitgebracht. Hier im Hotel hat man jedoch noch einmal andere Steckdosen als in Cancun, bei denen ich mit meinen Adaptern auch nichts anfangen kann. Zum Glück bekam ich eben an der Rezeption, an der man ausschließlich Spanisch spricht, zwei weitere Adapter. Irgendwie konnte ich dem Herrn klar machen, was ich brauche. Nun stecken die Adapter des Hotels in der Steckdose. Darauf stecken meine mitgebrachten Adapter, und dort hinein passen die Kabel für das Notebook oder das Smartphone. Eine wackelige Angelegenheit, aber Hauptsache ist, es funktioniert. Valladolid ist jedoch nicht so schön, wie ich es mir von einer Kolonialstadt vorstellte. Wo sind denn die imposanten, alten Gebäude im Kolonialstil? Vielleicht lag es aber auch etwas am Regen, dass alles einfach nicht so sehenswert erschien. Ich freue mich auf morgen…
Wackelige Steckdosenkonstruktion
Mein Schreibplatz