• „Leben wie Gott in Frankreich“ ist wohl ein Spruch, den jeder schon mal gehört hat. Nur, was ist denn so toll an diesem Land? Wirtschaftlich machen wir denen doch seit Jahren was vor. Gescheite Autos können die auch nicht bauen. Dann haben die noch ihre maroden Atomkraftwerke. Es gibt aber auch andere Dinge wie eine florierende Wirtschaft. Dazu gehört in unserem Nachbarland einfach gutes Essen für alle Gesellschaftsschichten. Um es kurz zu sagen: Mc Donalds und Co. haben einen schweren Stand bei den Franzosen.


    Klar, arbeiten die alle nur 35 Stunden die Woche. Dabei ist der berufstätige Franzose allerdings genauso lange wenn nicht länger ausser Haus wie wir Deutschen. Der Grund liegt unter anderem darin, daß die Mittagspause in der Regel eineinhalb bis zwei Stunden dauert. Was macht der Franzose in dieser Zeit? Er geht entweder in die Kantine und speist da ausgiebig oder er geht in eine ganz normale Gaststätte um die Ecke. Das kostet ihn auch gar nicht die Welt, weil in der Regel vom Arbeitgeber ein täglicher Essenszuschuß von 8 bis 10 Euro gewährt wird und der Franzose gerne etwas mehr Geld in der Wirtschaft lässt. „Geiz ist geil“ gibt’s in dieser Beziehung nicht bei der Grande Nation. Diese Essensmarken, Tickets genannt, werden in fast allen Gaststätten angenommen. Die Gaststätten haben einen niedrigeren Mehrwertsteuersatz, ich glaube so um die 10 % und so halten sich in diesem Land viel mehr Restaurants und Kneipen pro Kopf der Bevölkerung wie in Deutschland.


    Klar auch, daß die Franzosen Mittags einen ordentlichen Kohldampf schieben. Schließlich gibt’s da traditionell nicht viel zum Frühstück. Das nennt man zwar „Petit Dejeuner“, also kleines Mittagessen, aber außer einer Tasse Kaffee und einem Croissant oder etwas Baguette mit Butter und Marmelade verdrückt Monsieur oder Madame nix am Morgen. Von wegen Wurst, Käse, ein Frühstückei oder Müsli, Yoghurt oder Orangensaft.


    Ich will euch heute mal ein Beispiel eines normalen Mittagessens zeigen, welches wir vor einiger Zeit für den Preis von 18,50 € pro Person mitten in Rennes in der Bretagne gemeinsam an einem Wochentag eingenommen haben. Eigentlich gehöre ich nicht zu den Menschen, die jeden Teller fotografieren um die Größe der Portionen anzupreisen, wie mancher das in anderen Foren zu tun pflegt. Bitte verzeiht mir diese Ausnahme, schließlich möchte ich euch nur einen Einblick in die französische Eßkultur geben.


    Wir waren im übrigen in einem ganz normalen Lokal direkt am Place de la Republique im Zentrum von Rennes beim Speisen.


    Hier also eine kleines „Magendratzerl“, bestehend aus Avocado-Creme und Tomaten-Creme mit Sahne. Logisch, daß dazu Baguette serviert wird.





    Dann kommen wir schon zu meiner eigentlichen Vorspeise. Wie unschwer zu erkennen ist, handelt es sich hier um Lachs mit etwas Grünzeugs und Dressing.





    Das hat meine Tischnachbarin gegessen. Eine Suppe mit Ei und sonstwas drin. Schaut doch toll aus, oder?





    Fragt mich bloß nicht, was das war. Es hat jedenfalls geschmeckt.





    Die Hauptspeise bestand aus Kabeljau mit Gemüse. Echt lecker!





    Ein Nachtisch gehört natürlich auch dazu. Wieder sehr fein!





    Hier wieder ein Blick nach Nebenan. Leider konnte ich das nicht probieren. Es handelte sich um „Creme brule“.






    Nicht ganz unwichtig ist ja in jedem Restaurant das stille Örtchen. Der Franzose bedient sich hier höflicherweise des Begriffs „c est ici“, wörlich übersetzt „Es ist hier“. Die schlechte Bildqualität bitte ich zu entschuldigen.





    Dazu haben wir einen hervorragenden Rotwein sowie ein Stilles Mineralwasser getrunken. Der Franzose mag keinen „Blubber“ im Wasser. Was der Wein gekostet hat, kann ich euch nicht sagen, da Michel bezahlt hat. Es war mir bisher nie möglich, bei meinen Besuchen in Frankreich im Restaurant zu bezahlen.


    Ich hoffe euch mit meinem humorvollen Bericht einen kleinen Einblick in die französische Esskultur gegeben zu haben. Bon Appetit!


    Jürgen

  • Jürgen- was Du zeigst , sieht sehr verlockend aus.
    Dass du das genossen hast, glaube ich Dir sofort!
    Ja, so habe ich Frankreich auch schon kennengelernt.


    Mit Amuse Gueule, mehreren Gängen, sehr ansprechend serviert, gutem Wein, Wasser, frischer Baguette, guten Gesprächen am Tisch usw.


    Interessant sind für mich Deine Beobachtungen.


    Es ist in der Tat auch heute noch so, dass in Frankreich (auch in Italien) das Essen einen anderen Stellenwert hat als bei uns.


    Und dass Du nicht bezahlen durftest, ist nicht ungewöhnlich.
    Es ist einfach ein absolutes NO GO ( in F, aber auch in I - auch oft in HR ) , dass jeder für sich bezahlt.
    Das macht einer der Anwesenden.


    ABER - und auch das ist meine Erfahrung- auch wenn man hinterher nicht die Summe auseinander dividiert, so wird doch erwartet, dass man die Einladung zu einem Essen und die Bezahlung ein anderes Mal übernimmt. ( Man wird in F ja nur ganz selten nach Hause zum Essen eingeladen , ich glaube, das ist heute auch noch so)


    Zum Thema Mac Donalds und Co


    Kann es sein, dass Deine Eindrücke eher in der Provinz geprägt wurden?


    Meine Beobachtungen während zwei Parisbesuchen vor nicht langer Zeit waren , dass es durchaus eine nicht geringe Anzahl an Fast Food- und anderen Verkaufsstellen gibt. ( Im Quartier Latin z.B. Mac Donalds und etliche chinesische, vietnamesische, indische ua. Verkaufstheken, wo mittags vor allem junge Leute und auch Geschäftsleute Schlange standen, um sich etwas zu essen "aus der Hand" zu kaufen.


    Ich denke nicht , dass in den Ballungszentren die Zeit ( und das Geld) der durchschnittlichen Arbeiter/Angestellten/ Studenten, Schüler in Mittagspause für ein mehrgängiges Menu reicht.


    Daneben gibt jedoch zahlreiche kleinere, sehr ansprechende "Null oder Ein- Sterne Restaurants", in denen man mittags zum dejeuner leicht, abends zum diner jedoch nur mit Reservierung einen Platz bekommt. Und die preislich durchaus ansprechend sind ( wobei 20 Euro pro Person in Paris sicher die Untergrenze ist)


    Ein Artikel aus der "Welt" v0n 2013
    https://www.welt.de/wirtschaft…im-Land-der-Gourmets.html
    widerspricht in manchem den Erfahrungen, die Du beschreibst.


    Ich denke, dass das in den Regionen sehr unterschiedlich ist und man z.B. in der Auvergne oder im Limousin ganz andere Erfahrungen als im Großraum Paris oder in den touristischen Ballungszentren am Mittelmeer oder im Norden machen kann.


    Danke für diesen Bericht!
    Das mit dem "C'est ici" wusste ich nicht . Fragt man danach auch so?


    Viele Grüße,
    Elke

  • hallo Elke,


    danke erst mal für deine Zeilen. Mit dem Bezahlen ist es eigentlich so, daß jedes mal, wenn unsere französischen Freunde in Deutschland weilen, sie für einige Tage bei uns wohnen. Dann machen wir Ausflüge und zeigen ihnen was von Gegend und Kultur unserer Region. Wenn wir dann tagsüber einkehren, bezahle ich, wobei das Essen bei uns meist preiswerter als in Frankreich ist. Unsereiner isst eigentlich kaum eine Vorspeise und eine Nachspeise hinterher. Hauptgericht und eine halbe Bier und hinterher vielleicht ein Kaffee. Klar, daß hier die Mahlzeit günstiger kommt. Abends essen wir bei uns zuhause. Da wird schwäbisch oder allgäuerisch oder irgendwas sonst gekocht. Das lieben die Franzosen. Dazu gibt's Bier.


    Bei meinen bzw. unseren Besuchen in Frankreich, Angelika scheut die lange Anreise weshalb sie selten dabei ist, bezahlt in der Regel Michel oder Roland, ein anderer Freund. Dort wird dann meist ein Menu de jour, also ein Tagesmenue gegessen, welches meist zwischen 15 und 20 € kostet. Dabei trinken wir auch immer gemeinsam eine Flasche Wein, die Michel als Weinkenner aussucht.


    Das Abendessen bei unseren französischen Familien zuhause wird ebenfalls zeitlich unheimlich in die Länge gedehnt und es gibt viele verschiedene Gänge. Begonnen wird meist mich Champagner, nicht Sekt und ein paar Knabbereien dazu. Dann oft Melone mit Schinken und dann erst die Hauptspeise, hinterher meist Käse und dann ein Kuchen mit Kaffee. Im übrigen nehmens unsere Freunde da mit der Zeit nicht so genau. Man kommt einfach abends zum Essen, ob um 20.00 oder 22.00 Uhr. Angefangen wird, wenn alle da sind oder auch etwas später, weil ja immer ausgiebig geratscht wird.


    Ich sollte vielleicht erwähnen, daß unsere Bekannten in Frankreich auf dem flachen Land in der Mayenne leben. Wenige Km von Laval entfernt gibt es auch dort Franzosen, die täglich 2 Stunden einfach mit dem TGV nach Paris pendeln. Martine, die Frau von Michel war bis vor kurzem Bürgermeisterin des kleinen Dorfes und befindet sich jetzt ebenso wie ihr Mann Michel im Ruhestand. Roland und seine Frau Evelyne sind etwas besonderes. Als Lehrer, Rolands Beruf, hat man ja oft eine andere Einstellung als andere Menschen. Das ist bei manchen Berufsgruppen halt so.


    Die Familie von Roland, die Kinder sind mittlerweile ausser Haus, legt viel Wert auf gesundes, möglichst selbst erzeugtes Essen. Dies hat natürlich auf die anderen Bekannten abgefärbt. Roland und Evelyne bauen in ihrem Garten nahezu alles an, was auf den Tisch kommt. Dazu hält man Geflügel und Hasen. Roland und Evelyne haben sich vor zwei Jahren ein Holz-Fast-Passivhaus mit Fotovoltaikanlage auf dem Dach gebaut.


    Man sollte hierbei erwähnen, daß Energie sparen in Frankreich niemanden interessiert. Strom kostet die Hälfte wie hierzulande und eine PV-Anlage darf nur bis 3 KWp Leistung aufs Dach und noch dazu nur in die Dachhaut integriert werden. Die Anlagen kosten etwa das dreifache wie bei uns, obwohl die Module auch überwiegend aus China oder Deutschland importiert werden. So kann das Monopol von EdF zementiert werden. Dieses Haus war natürlich wesentlich teurer als die Billighäuser, die in der Region gebaut werden. Schließlich ist es im Winter ja nicht sonderlich kalt.


    Doch zurück zum Essen. Vielleicht sind unsere Bekannten Franzosen alter Art, allerdings wird es in anderen Familien der Region oder des Dorfes ähnlich zelebriert. Ich kenne von meiner Radtour von meinem Heimatort in die Mayenne auch einige jüngere Franzosen, zu denen heute noch loser Kontakt besteht. Wenn die auswärts essen gehen, dann "gscheit" wie man bei uns sagt. Mal schnell zum Mac auf ein x-beliebiges Menue oder zum Türken auf einen Döner fahren so wie unsere Jugend das macht, ist dort eigentlich nicht üblich.


    Nach dem stillen Örtchen habe ich im übrigen nicht gefragt. Obwohl wir an einem schönen Sommertag draußen saßen, mußte ich mir natürlich auch die Gaststätte von innen ansehen. Dabei habe ich "es" gefunden.


    grüsse


    jürgen

  • Danke, Jürgen.


    So wie Du das beschreibst , erinnert es mich an die lange Freundschaft mit einem französischen Paar vor vielen Jahren . ( Leider leben beide nicht mehr)
    Das war in dem winzigen Dorf Feux im Departement Cher, unweit Bourges, in einem alten Bauernhof mit offenem Kamin - hinter dem Haus ein großer Gemüsegarten, sogar ein kleines Gerstenfeld, ein paar Schafe - alles war auf Selbstversorgung eingestellt.
    Und was auf den Tisch kam, war immer sehr sorgfältig zusammengestellt und zubereitet.
    Die Gespräche am Tisch und danach am Kamin bei Kaffee (und auch ewas Hochprozentigem) waren ebenso wichtig wie das Essen selbst.


    Ich war oft dort. ( Es war immer die halbe Strecke und ein Zwischenaufenthalt von daheim an die Atlantikküste - La Vendee bis Les Landes und hinunter ins Pays Basque)


    Aber das war.....
    und ich hätte nicht gedacht, dass es das heute so ähnlich noch gibt.


    Was Du von der Mayenne erzählst , die Art zu leben , gefällt mir und ich denke , solche Freundschaften müssen sorgsam gehütet und gepflegt werden.


    Zeig doch mal ein paar Bilder vom Leben auf dem Land in Frankreich!


    Liebe Grüße,
    Elke

  • ...Zeig doch mal ein paar Bilder vom Leben auf dem Land in Frankreich!...


    hallo Elke,


    ich werde euch bei Gelegenheit mal unser Partnerdorf La Baconniere in der Mayenne vorstellen. Im Rahmen der Partnerschaft der Mayenne mit dem Regierungsbezirk Schwaben besteht eine Partnerschaft zwischen Langerringen und La Baconniere, die intensiv gepflegt wird. Jährlich gibt es einen Jugendaustausch, abwechselnd in die eine oder andere Richtung und im Gegenzug fährt jährlich ein Bus rüber nach Frankreich oder bringt eine Ladung voll Franzosen in unser Dorf. Diese Partnerschaft besteht seit 15 Jahren und ist bisher nicht eingeschlafen obwohl sich natürlich auch nicht alle daran beteiligen. Unsere Freunde haben uns bereits in Kroatien besucht und ich war schon an deren Ferienort Argeles sur Mer, den ich euch ja bereits vorgestellt habe.


    grüsse


    jürgen

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