Gestern (sorry, das war der 29.8.2010) war wetterbedingt wieder mal Museumstag angesagt.
Nach längerem Studium der einschlägigen Infos entschied ich mich, mit der S-Bahn bis Bergedorf und dann mit dem Bus zu einem landwirtschaftlichen Museum zu fahren, dem Rieck Haus.
Am Bergedorfer Bahnhof hätte ich mich angesichts eienr möglichen Rundfahrt mit diesem Schmuckstück beinahe umentschieden, aber es war kein Platz mehr frei.
Dann also doch zum Rieck Haus, das, 1533 erbaut, eine der ältesten Bauernhäuser der Region ist.
Seit dem Mittelalter wurden die Marschinseln der Elbe und ihrer Seitenarme eingedeicht, um darauf Bauern anzusiedeln. Die Deiche dienen heute meistens als Straße, und man kann ein bissel von oben in die Landschaft photographieren.
Am Eingang sind Töpfe wie zum Trocknen aufgebaut, was beim heutigen Regenwetter eine Weile dauern dürfte.
Durch die geräumige Diele geht's zum Kassenraum, in dem ein Kachelofen bullert -
den braucht man heute. Von der Decke hängen Wurstatrappen.
Nachdem ich 3€ Eintritt entrichtet habe, drückt es mich woanders.
Man gibt mir einen Schlüssel mit einem großen Holzanhänger, auf dem steht "Frau Meier"
und weist mich in ein geeignetes Nebengebäude.
Hier wohnt also Frau Meier.
Nach der Eintrittskassenstube (ich weiss nicht welche Funktion dieser Raum
ursprünglich gehabt hat) kommt man in die Küche.
Dort finden sich neben einer Unzahl von Küchengeräten auch eine Wäschemangel,
das Tafelsilber,
und ein Salztopf aus Holz (deshalb weil Holz das Wasser rauszieht, und das Salz dann nicht klumpig wird).
Einige Bilder sind aus beleuchtungstechnischen Gründen leider nix geworden.
Inzwischen sind wir in der guten Stube, in der man auch schlafen
oder es sich auf den Fensterbankpolstern bequem machen konnte.
In dieser Aussteuertruhe soll man nichts anfassen -
den alten Münzen und Scheinen ein paar neuere hinzuzufügen ist aber erlaubt.
So hat der 50-Millionen-Mark-Schein aus der deutschen Inflationszeit (ca. 1922) einen türkischen Millionenbruder bekommen - die Spende wird leichtgefallen sein, denn die türkische Million war weniger als ein Euro (inzwischen hat man sechs Nullen weggestrichen). Allerdings bekam man 1923 für 50 Millionen Mark auch nicht mehr viel -
am 1. November musste man für einen US-Dollar 4,2 Billionen Mark hinlegen :link:
Gekocht wurde nicht in der Küche, sondern am offenen Kamin in der Diele.
EIn Teil des Hauses diente auch als Scheune bzw. Garage für Leiterwagen
und Kutschen,
für die es auch Kindersitze gab.
Vor dem Leiterwagen haben wir eine Trommelwaschmaschine,
wie ich sie aus meiner Kindheit (Fünfziger und frühe Sechziger Jahre) auch noch kenne -
oder ist es eine Wäscheschleuder ?
Leider hab ich versäumt, mir das gute Stück von hinten anzusehen.
In so einem riesengroßen Raum lässt sich natürlich auch gut feiern,
deshalb stehen schon mal Bierbänke und -tische da.
An dieser Stelle befindet sich auf einem funktionierenden Bauernhof (also keinem der nur ein Museum ist) der Misthaufen, mit dem entsprechenden Geruch, der hier fehlt. Unter den Brettern wäre die Jauchegrube, die ich aus meiner bayrischen Kindheit noch als Odlgrub'n kenne (Odl für Jauche), in die man nicht hineinfallen darf, sonst ist man rettungslos verloren. Immer wieder habe ich in den Zeitungen von Unglücksfällen gelesen, bei denen einer hineingefallen ist, und der, der ihn retten wollte, aufgrund der Dämpfe bewusstlos wurde und damit ebenfalls verloren war.
Aber unter diesen Brettern ist keine Jauche, das würde man riechen.
Im Hintergrund steht ein Heutrockenboden, das hab ich sonst auch noch nie gesehen.
ZitatAnmerkung von 2012:
Inzwischen bin ich hier auch mit dem oben gezeigten Museumsbus herumgefahren - Bericht kommt noch - und da wurde die Funktion des Heutrockenbodens erklärt. Den gab es wegen der häufigen Überschwemmungen, z.B. nach Deichbrüchen - damit das Heu eine größere Chance hatte, trocken zu bleiben (deshalb auch die Überdachung).
Unterm Trockenboden ist Platz für einen Teil des Fuhrparks, auch des neueren,
der zumindestens von den jugendlichen unter den Nachbarhausbewohnern mitbenutzt wird.
Am Ziehbrunnen vorbei
kommen wir zu einer Scheune, in der es eine handwerkliche Ausstellung zu sehen gibt.
Die unzähligen Werkzeuge, die z.B. ein Stellmacher (süddeutsch: Wagner) brauchtet, kann man hier bewundern, wobei mir, mangels Fachkenntnis, die Funktion der meisten fremd ist, deshalb hierzu auch wenig Bilder, zumal mir dauernd Leute im Weg herumgelaufen sind.
Bemerkendwert fand ich den Benzinkanister (20 Liter)
oder diese Steckdosen- und Schaltersammlung, aus der hervorgeht, dass man früher
für die verschiedensten Geräte eigene Steckdosen brauchte,
z.B. für Radios.
Mit dieser Windmühle wurde kein Korn gemahlen, sie stand ursrünglich auch nicht hier,
sondern wie viele andere in den Feldern zum Entwässern derselben.
Es handelt sich um eine Bockmühle, die an ihrem Hinterteil, dem Sterz in die richtige Windrichtung gedreht werden kann.
Das war bestimmt ein ordentlicher Kraftaufwand :Nachdenken:
Mit dieser Schraube wurde das Wasser hochgepumpt.
Man hat mir erlaubt, in die Mühle reinzugehen, wenn ich alles wieder schön abschliesse :daumenhochklein:
Die Kieselsteine zum Graben hin sind richtig schön bunt.
Damit ist der Ausflug beendet, und ich bin überhaupt nicht nass geworden
Hätte ich nicht wie fast immer etwas zu lesen dabei, gäb's hier im Bus etwas zum Ausleihen.