Vor kurzem habe ich euch in einem Seitental des Lechtals gelegen die Gemeinde Gramais vorgestellt. Umgeben von hohen Bergen scheint dort die Zeit stehen geblieben zu sein. Ski- oder Massentourismus gibt es in der kleinsten Gemeinde Österreichs noch nicht.
An einem wunderschönen Tag im Juli sind wir über den Riedbergpaß im Oberallgäu ins benachbarte Vorarlberg gefahren um etwas in Sibratsgfäll spazieren zu gehen. Dieser Ort ist ebenfalls am Ende einer Straße auf etwas über 900 Höhenmeter gelegen. Man gelangt somit nur von Hittisau in Österreich oder von Balderschwang in Deutschland aus dorthin. Aber seht euch doch selbst um im beschaulichen Sibratsgfäll an einem sonnigen Sommertag.
Rathaus, Tante-Emma-Laden, Dorfwirtschaft, Kindergarten und Schule sind im Dorfzentrum, soweit es ein solches hier überhaupt gibt.
Die Tatsache, daß über den Misthaufen Gras wächst zeigt, daß die Viehwirtschaft bereits aufgegeben wurde. Der Misthaufen ist alt und stinkt deshalb auch nicht. Die Güllepumpe daneben wurde früher mit einem Treibriemen an das Schwungrad der Zugmaschine angeschlossen. So wurde die Güllegrube, hier "Bschittloch" genannt, Zug um Zug geleert indem deren Inhalt in das Güllefaß gepumpt und auf die Felder und Wiesen ausgebracht wurde.
Die geschlossenen Fensterläden deuten darauf hin, daß der Hof nicht mehr bewohnt wird. Im benachbarten Allgäu sind solche Höfe beliebte Immobilien bei Käufern aus Baden-Württemberg, die hier Ferienhäuser zur Eigennutzung ausbauen.
Die Pfarrkirche St. Michael stammt aus dem 19. Jahrhundert.
Ein Kriegerdenkmal an einer Orgel habe ich auch noch nie gesehen.
Für mich neu war, daß das Kramer Traktorenwerk aus Überlingen am Bodensee tatsächlich noch bis 1942 Traktoren produzierte und erst dann Militärtechnik herstellen mußte. Auch heute gibt es diese Firma noch. Nur werden keine Traktoren mehr gebaut.
Dieser Bauernhof wird nicht abgerissen sondern durch massive Balken gestützt, so daß ein dauerhaftes Fundament aus Beton gegossen werden kann. Vielleicht steht das Haus dann in einhundert Jahren noch.
Die Wandertouren rund um den Ort sind im übrigen alle relativ einfach und somit für Familien oder Menschen geeignet, die nicht allzu gut zu Fuß sind und trotzdem raus in die Natur wollen. Sicherlich kann man auch bis zum Hohen Ifen und das Gottesackerplateau wandern. Das wäre dann jedoch von der Entfernung zu weit und am Ende eine anstrengende Hochgebirgstour.
Wer hier ein paar Tage Urlaub verbringen möchte, hat lediglich eine Gaststätte am Ort, die auch Zimmer vermietet sowie ein paar Ferienwohnungen oder Zimmer mit Frühstück. Alles von privat. Hotels oder große Ferienanlagen gibt es nicht. Ich meine, es wäre schön, wenn es so bleiben könnte. Das nicht weit entfernte Tannheimer Tal mit vielen Luxushotels und Restaurants ist für mich nicht das, wo ich unbedingt meinen Urlaub verbringen würde.
jürgen