Das Österreicher-Denkmal in Aschaffenburg

  • Das Österreicher-Denkmal in Aschaffenburg ...


    ... auf einem kleinen Hügel an der Denkmalstraße ist unumstrittener Mittelpunkt der nach ihm benannten Österreicher Kolonie.
    Es ist zur Erinnerung an das Gefecht am 14. Juli 1866 errichtet worden, als die Preußen gegen die verteidigenden Österreicher anstürmten.
    Zur Grundsteinlegung wurde ein großes Fest gefeiert.



    "Feier zur Grundsteinlegung" 1867, Federzeichnung, farbig laviert J. M. Bayer, 1867
    Quelle: Wikipedia


    Sogar in österreichischen Zeitungen ließ man Einladungen dazu verüffentlichen.



    Quelle: Linzer Abendbote vom 1. Juni 1867


    Im Spoiler findest Du einige zeitgenössische Zeitungsberichte über die Grundsteinlegung und die Einweihung des Österreicher-Denkmals bei Aschaffenburg.



    Am 14. Juli 1866 standen sich in Aschaffenburg im Rahmen des "Deutschen Krieges" preußische und österreichische Truppen im blutigen Gefecht gegenüber.



    Das Österreicher–Denkmal erinnert an dieses Ereignis.



    Es mahnt einerseits der Gefallenen und andererseits dem kriegsbedingten Ausschluß Österreichs aus dem Deutschen Bund.
    Unter Ausnutzung neuer Technologien gelang der Militärmacht Preußen am 3. Juli der entscheidende Sieg bei Königgrätz in Böhmen und es begannen die Friedensverhandlungen in Nikolsburg.


    Aber im westdeutschen Raum kämpfte die preußische Mainarmee weiter in dreiwöchigem Feldzug gegen die süddeutschen Verbündeten Österreichs.
    Teile des VIII. Korps der deutschen Bundesarmee (hauptsächlich Österreicher, außerdem Hessen-Darmstädter und Kurhessen) verloren die Schlacht und die Preußen besetzten Aschaffenburg.
    Heute weiß man, dass daran nicht nur die neuen Zündnadelgewehre der Preußen schuld waren.
    Prinz Karl von Bayern vom VII. Korps und Prinz Alexander von Hessen-Darmstadt vom VIII. Korps hatten trotz enger verwandtschaflicher Beziehungen verschiedene Strategien.
    Das musste schief gehen. Mehr dazu in einem köstlichen Artikel der "Gartenlaube", nachzulesen bei Wikisource.
    Diese "Gefechte bei Aschaffenburg" bezahlten über 500 österreichische Soldaten mit ihrem Leben und über 2000 Soldaten kamen in Gefangenschaft!





    Der österreichische Doppeladler krönt alle Seiten.



    Das Wappenschild zeigt (in Gold) den (roten) habsburgischen Löwen, den (rotweißroten) Bindenschild und drei gestümmelte (d.h. ohne Fänge dargestellte silberne) Adler auf schrägrechtem (roten) Balken als lothringisches Stammwappen.
    (Die Farben wurden hier nicht auf den Sandstein aufgelegt. Deshalb die Klammern.)




    Heute bildet der Bereich um das Denkmal einen eigenen Stadtteil Aschaffenburgs.
    Gleich neben dem Denkmal steht ein Gasthaus gleichen Namens.



    Erst 1919 rief der Architekt Franz Schmitt - einer der Väter der Österreicher Kolonie - zur Gründung einer Baugenossenschaft auf.
    Die Grundstücke am Österreicherdenkmal überließ die Stadt Aschaffenburg der Genossenschaft im Erbpachtvertrag.
    Bis 1929 wurden 170 Häuser gebaut! Innerhalb von zehn Jahren sorgte die Genossenschaft für 557 Wohneinheiten und linderte die herrschende Wohnungsnot.
    (Wäre das kein Modell gegen unsere derzeitige Mietpreisexplosion?)
    Anfangs hieß die Siedlung noch "Siedlung Fasanerie". Dies deshalb weil die Siedlung südöstlich an ein parkähnliches Waldgebiet dieses Namens anschließt.
    Die kurmainzischen Herren von Aschaffenburg hatten sie als Jagdgebiet gepflegt.
    Heute nutzt man die Fasanerie als Naherholungsgebiet.
    Im Juli 1866 befand sich hier das Zentrum der "Gefechte bei Aschaffenburg".


    Zum 150. Jahrestag dieser Schlacht hat man 2016 im Zentrum der Fasanerie, am Forstamt, eine "Friedenssteele" enthüllt.





    Aber nicht nur österreichische Soldaten ließen hier ihr Leben!


    Einen Tag vor dem Kampf vor den Toren Aschaffenburgs stellte sich eine hessische Brigade den von Osten gegen Aschaffenburg vorrückenden Preußen in den Weg.
    Den preußischen 5 Toten der Schlacht bei Frohnhofen stehen 175 Tote bei den Hessen gegenüber!
    Die Opfer des Gefechtes an der Kegelbahn von Frohnhofen vom 13. Juli 1866 sind auf dem nahen Friedhof bestattet.
    Ein Informationsschild erzählt die Geschichte dazu.




    Die Gedenkstätte der hessischen Opfer.



    Der Sockel des Kreuzes trägt vier Tafeln mit Gravur.






    Das Kreuz wird von drei Tafeln flankiert.


    links


    dahinter


    rechts


    Daneben steht ein Grabstein mit weiteren Namen.



    Unter der Gedenkstätte mahnt ein weiteres Kruzifix.



    Die Gravur im Sockel.



    An der nahen Herz Jesu Kapelle in Frohnhofen wird der Opfer der preußischen Armee gedacht.




    Auch am Turm der Sandkirche, einem früheren Aschaffenburger Tor, wird an ein Opfer des "Deutschen Krieges" erinnert.



    Auf dem Friedhof von Aschaffenburg habe ich diese Gedenksäule entdeckt.



    Die Gravur im Sockel.




    Leider nützen diese grausigen Erinnerungen offenbar recht wenig.
    Die Menschheit hört trotzdem nicht auf sich gegenseitig umzubringen.



    Zum Abschluß zitiere ich noch eine kleine Anekdote die mir auffiel.


    In der Regimentsgeschichte des Husaren-Regiments „Landgraf Friedrich II. von Hessen-Homburg“ (2. Kurhessisches) Nr. 14 wird über die Gefechte bei Aschaffenburg berichtet, dass nachdem die 4. Felddivision geschlagen worden war, und diese den Rückzug über den Main antreten mussten, die Husaren die Nachhut übernehmen sollten. Diese versuchten durch Attacken und Fußgefechte die nachdrängenden Preußen aufzuhalten. Nachdem nun der Rest der 4. Felddivision die Mainbrücke überquert hatte, begaben sich auch die Husaren auf den Rückzug. Doch die preußische Infanterieregimenter Nr. 13 und 55 hatte bereits die Aschaffenburger Mainbrücke erreicht und kontrollierte diesen strategischen Punkt. Major Heusinger von Waldegg, der Befehlshaber des Husarenregiments nutzte in dieser Situation die Ähnlichkeit der Husarenuniformen mit denen der preußischen Husaren Nr. 8. Er führte die Kurhessen zur Brücke, salutierte vor dem preußischen General Kummer und ließ seine Husaren an sich und den Wachen vorbeimarschieren. Er ritt als letzter über die Brücke und bis die Preußen das Husarenstück bemerkten und zu schießen begannen, war es bereits zu spät.



    Ich nutzte die wärmenden herbstlichen Sonnenstrahlen und ging noch ein bisschen in der Fasanerie spazieren.






    Liebe Grüße von waldi :174:

  • Dezember 2016

    Es ist das Österreicher Denkmal in Aschaffenburg.
    Dazu werde ich auch noch was schreiben.

    Danke, dass Du es nicht vergessen hast!
    Ich werde es genau anschauen, was damals passiert ist.


    Liebe Grüße,
    Elke

  • Du hast mal wieder gründlich hingeschaut und Details aufgezeigt.


    Ich weiß gar nicht so recht, ob mir dieses Denkmal "gefällt"- "Gefällt" ist aber nicht der richtige Ausdruck.
    Es macht schon nachdenklich, was erst vor rund 150 Jahren mitten in Deutschland geschah.
    Und es ist richtig, dass man solch historische Ereignisse nicht vergisst, so unsinnig sie uns heute auch erscheinen.
    Wenn sie wenigstens als Mahnung wirken würden...


    Womit ich überhaupt nicht zurechtkomme, sind die Inschriften mit Zitaten aus dem alten und neuen Testament und die anderen ehrenden Hinweise, mit denen man der Gefallenen gedenkt.


    Man muss diese Sprache auf den Denkmälern vermutlich im Zusammenhang mit der Zeit sehen, in der sie geschaffen wurden.
    Im 19. Jahrhundert verstand jeder solche Begriffe wie "Heldentod", "pflichtgetreu".
    Was uns heute ( vor allem nach den Katastrophen der beiden Weltkriege im 20. JHd ) schwer fällt.
    Mir zumindest.


    Danke Waldi - Dein Beitrag ist wieder mal ein Denkanstoß.


    Liebe Grüße,
    Elke

    • Gäste Informationen
    Hallo,gefällt dir der Thread, willst du was dazu schreiben, dann melde dich bitte an. Hast du noch kein Benutzerkonto, dann bitte registriere dich, nach der Freischaltung kannst du das Forum uneingeschränkt nutzen.

    Dieses Thema enthält 0 weitere Beiträge, die nur für registrierte Benutzer sichtbar sind, bitte registrieren Sie sich oder melden Sie sich an um diese lesen zu können.