Wanderung zur Frederick Simms Hütte im Sulzltal

  • Nun hat es doch zwei Jahre gedauert, bis ich über die Sulzlalm rauf zur Frederick Simms Hütte auf 2004 Meter Meereshöhe gewandert bin. Nach einer kleinen Wanderung zwei Tage zuvor im Kleinwalsertal sollte es nun etwas anstrengenderes in größerer Höhe sein. Somit bot sich diese nach einem englischen Großindustriellen benannte ehemalige Jagdhütte als Ziel an.


    Den Weg zur Sulzlalm führt durch ein paar malerisch in den Felsen gehauene Tunnels. Hier ein link zu meinem Bericht vor zwei Jahren


    Tunnelwanderung zur Sulzlalm im Lechtal


    Das Auto wurde wieder in Stockach auf etwa 970 Meter Höhe abgestellt und los ging es.





    In manchen Tunneln hat man ja wenigstens ein bischen Tageslicht. Manche jedoch haben Kurven und man tappt sprichwörtlich im Dunkeln. Wie gut, daß heutzutage jeder ein Handy mit Beleuchtungsfunktion dabei hat.



    Nach eineinhalb Stunden Weg haben wir die Sulzlam auf 1466 Metern Höhe hinter uns gelassen. Mir ist die eh zu stark frequentiert und zu kommerziell obwohl hier oben nicht nur Jungvieh weidet sondern auch Milchkühe. Auch stört mich, daß den ganzen Tag und wohl auch die ganze Nacht ein Dieselaggregat lärmt und stinkt. Das bekommen die meisten Gäste jedoch nicht mit, weil das Gerät etwas abseits verstaut wurde. Die Tatsache, daß es auch anders geht zeigt die Frederick Simms Hütte.



    Das ist ein Sommerstall. Gelegentlich gibt es auch im Hochsommer auf dieser Höhe Wintereinbrüche mit Schneefall. Dann kommen die Milchkühe und das Jungvieh in den Stall weil es draußen zu gefährlich ist. Die Tiere sind zwar nicht kälteempfindlich. Hingegen werden die steilen Hänge rutschig und wenn erst mal so ein Tier fällt ist oft ein Bein gebrochen und das war es dann.



    Im Vordergrund der Pkw mit dem Milchanhänger auf dem Weg zum mobilen Melkstand auf etwa 1700 Metern Höhe. Ich kenne in der ganzen Gegend keine Alm wo in dieser Höhe Milchwirtschaft betrieben wird. Meist ist es nur Jungvieh, welches die Hänge abgrast.





    Auch Resi und Rosi brauchen ihre Streicheleinheiten.



    Dieser Melkstand wird den Sommer über verwendet und im Herbst teilweise wieder abgebaut. Der Melker steht im Graben in der MItte und melkt die Kühe, eine links und eine rechts. Das geschieht zwei Mal am Tag. Die Kühe laufen frei im ganzen Hochtal herum. Begrenzt ist die Weide nur durch steile Hänge bzw. durch Elektrozäune an Abbruchkanten.


    Wer kann die Frage beantworten, wie zwei mal am Tag die etwa drei Dutzend Kühe über große Entfernungen zu diesem Melkstand verbracht werden, damit sie abgemolken werden können?



    Ein sehr schlechter Fahrweg führt im Hochtal immer weiter bergauf bis zur Talstation der Materialseilbahn, die die Frederick Simms Hütte versorgt. Wie gerne wäre ich jetzt die letzten paar Meter, obwohl verboten, mit dieser Seilbahn nach oben gefahren. Nun ist es auch mit dem langsamen Anstieg vorbei. In Serpentinen geht es noch eine halbe Stunde steil bergauf. Wer genau hinsieht, kann auf dem Bild rechts von mir etwas unheimlich wichtiges erkennen. Ja, es handelt sich um ein leeres Bierfaß! Es gibt also Faßbier dort oben! Unfaßbar! :)



    Nach einiger Zeit sieht man die Hütte wieder vor sich. Selbst von der Sulzlalm aus ist die Berghütte zu sehen. Da glaubt man auch noch, daß sie, da ja im Blickfeld recht schnell erreicht ist. Das ist ein Trugschluß. Insgesamt haben wir kanpp vier Stunden bis zur Frederick Simms Hütte gebraucht, ein zweites Frühstück unterwegs miteingerechnet.



    Der moderat ansteigende und eigentlich gut begehbare Fahrweg endet hier. Nun gehts steiler und unwegsamerin Serpentinen nach oben.





    Endlich geschafft! Allerdings bläst der Wind trotz Sonnenschein so stark, daß wir es uns lieber in der Hütte gemütlich machen. Eigentlich bestünde nun die Möglichkeit, auf ein paar umliegende Berge, jeder so um 2700 bis 2900 Meter hoch zu wandern. Die einfache Strecke wäre jedoch mindestens zwei Stunden z.B. bis zur Holzgauer Wetterspitze. Das ist uns heute aber doch zu viel. Wer diese Berge besteigen möchte, sollte zumindest in unserem Alter auf der Hütte übernachten. Bei guter Witterung ist sie bis Ende September geöffnet und bietet einfach Matratzenlager mit Frühstück, jedoch kein warmes Wasser.




    Ein paar heiße Würstl mit Kraut und Brot und dazu zwei halbe Faßbier einer regionalen schwäbischen Brauerei, die Hütte gehört der AV Sektion Stuttgart, sind das was wir nun wollen.



    Der Rundblick draußen muß glaublich nicht weiter kommentiert werden.






    Gleich im Anschluß folgt der zweite Teil des Berichts.


    jürgen

  • Wegen dem schnelleren Bildaufbau habe ich diesen Bericht geteilt.



    Die Gebetsfahnen sind ein Überbleibsel eines ehemaligen nepalesischen Angestellten auf der Hütte.



    Die Allgäuer Alpen auf der anderen Seite des Lechtals ragen alle über 2500 Meter in den Himmel. Die Berge um die Frederick Simms Hütte wie auch dieses hoch gelegene Sulzltal zählen zu den Lechtaler Alpen.



    Es war damals schon eine enorme Leistung, diese Hütte zu bauen. Ohne die Förderung von Mr. Simms wäre das nicht möglich gewesen. Damals gab es auch noch nicht die Tunnel durch die Felsen, die den Fahrweg zur Sulzlalm und ins Hochtal erst ermöglichen.



    Vor diesem Hintergrund erscheinen die damaligen Preise nach Öffnung der Hütte für die Bergsteiger eigentlich recht billig, mußte doch jede Flasche Bier und jeder Laib Brot im Rucksack nach oben getragen werden. Ich schätze den damaligen Fußweg durch den engen Tobel des Sulzlbachs von Stockach aus auf mindestens sechs Stunden. Jeder Sack Zement und jedes Stück Eisen wie auch Werkzeug um Bäume zu fällen und die Hütte auszubauen mußte auf dem Rücken getragen werden. Wie ihr auf den Bildern ersehen könnt, wachsen die Bäume viel weiter unten im Hochtal.



    Irgendwann nach dem letzten Weltkrieg war die Hütte so marode und drohte, den Hang hinabzurutschen, so daß sie komplett neu aufgebaut werden musste. Zum Glück gab es zu dieser Zeit bereits den Hubschrauber. Behördliche Auflagen und neue Hygienevorschriften erforderten den Bau einer Kläranlage.



    Um den Warentransport auch auf den letzten Höhenmetern und damit am schwierigsten Teilstück des Weges zu ermöglichen wurde vor nicht allzu langer Zeit die Materialseilbahn gebaut.



    Strom gibt es auf der Hütte durch Fotovoltaik und Batterien. Ein Notstromaggregat ergänzt in sonnenarmen Zeiten das System. Gekocht wird mit Gas. Eine aufgebaute Kleinwindanlage hat sich als nutzlos herausgestellt.



    Der hintere Teil der Hütte ist ganzjährig zugänglich. In den letzten Jahren ist das Besteigen von Bergen auch im Winter mit entsprechender Ausrüstung für immer mehr Menschen eine Herausforderung geworden. Dazu benötigt man Schutzhütten um die Bergsteiger vor einem plötzlichen Witterungsumschwung zu schützen. Eigentlich sollte so eine Einrichtung, die die Sektion Stuttgart des AV zur Verfügung stellt auch entsprechend pfleglich behandelt werden. Das Hinweisschild deutet jedoch an, daß scheinbar nicht jeder Bergfreund schonend mit seiner Notunterkunft umgegangen ist. Eigentlich schade.




    Ich stelle es mir schon als etwas besonderes vor, hier oben außerhalb der Saison eine Nacht zu verbringen. Sicherlich ein Erlebnis, welches nicht sehr viele Menschen in ihrem Leben geniessen können. Der mangelnde Komfort und die einfachen sanitären Verhältnisse lassen sich bestimmt für ein oder zwei Nächte verschmerzen.


    Noch eine Anmerkung:


    Getränke und Speisen sind auf der Frederick Simms Hütte günstiger als viel weiter unten auf der Sulzlalm obwohl der Transport wesentlich weiter und aufwändiger ist. Die Sulzlalm hingegen ist viel stärker von Bergfreunden besucht, da einfacher zu erreichen und die Tunnels das Besondere am Weg sind. Marktwirtschaft nennt man das. :)


    jürgen

  • Hallo Jürgen,


    super Bilder von einer herrlichen Bergwelt.


    Ebenso ein sehr informativer Bericht von deiner Wanderung, wobei ich denke, das es eher eine Bergtour war.


    Beeindruckend und faszinierend sind auch die Tunnels.


    Wie ich immer wieder an Hand deiner Berichte feststelle, weißt du deinen Ruhestand vielseitig zu gestalten, dir wird es nie langweilig.


    Liebe Grüße
    Steffi

  • auch im Hochsommer auf dieser Höhe Wintereinbrüche mit Schneefall.

    So wie in den letzten Tagen - es hat bis auf 1900m herunter geschneit.
    Nichts Besonderes für die Almleute. Aber als Bergwanderer sollte man damit rechnen und entsprechend ausgerüstet sein.


    Wer kann die Frage beantworten, wie zwei mal am Tag die etwa drei Dutzend Kühe über große Entfernungen zu diesem Melkstand verbracht werden, damit sie abgemolken werden können?

    Werden sie mit einer Salzleck und mit bestimmten Rufen oder akustischen Signalen hergelockt?
    Oder ist das Zeitgefühl der Tiere so ausgeprägt, dass sie selbst spüren, wann es Zeit ist?

    Der Rundblick draußen muß glaublich nicht weiter kommentiert werden.

    Wirklich nicht!! :401:
    Das sind Bilder vom Hochgebirge wie aus dem Bilderbuch!

    Ich stelle es mir schon als etwas besonderes vor, hier oben außerhalb der Saison eine Nacht zu verbringen. Sicherlich ein Erlebnis, welches nicht sehr viele Menschen in ihrem Leben geniessen können. Der mangelnde Komfort und die einfachen sanitären Verhältnisse lassen sich bestimmt für ein oder zwei Nächte verschmerzen.

    Zu verschmerzen?
    Nicht nötig!


    Hast Du noch nie so übernachtet?
    Noch nie im Biwak übernachtet?


    Der Erlebniswert ist so hoch , dass selbst eine harte, durchgelegene Matratze und kaltes Bergwasser zum Waschen keine Beeinträchtigung sind, es gehört einfach dazu. Man vermisst in solchen Situationen nichts. Wichtig ist nur der sichere Schutz vor Kälte und schlechtem Wetter. Und wenn dann noch Brennholz zur Verfügung steht , kann es sogar richtig gemütlich sein.
    Leider gibt es heute zunehmend ( leicht erreichbare) Hütten, die auf Hotelstandard setzen.


    Danke für den Bericht über diese schöne Bergtour.


    Liebe Grüße,
    Elke

  • hallo Elke,


    was die Frage nach dem rechtzeitigen Eintreffen der Kühe am Melkstand anbelangt kommst du der Lösung näher. Es ist das Zeitgefühl, aber anders als du denkst. Die Kühe spüren es. Aber wie genau läuft das ab? Es ist jedenfalls nicht nötig, daß die Kühe zum Melkstand getrieben werden müssen. Sie kommen von alleine. Wie oben im Bild gezeigt, waren Resi und Rosi schon da und haben auf den Melker gewartet. Die anderen Kühe waren noch weit weg. Zum Melken sind sie jedoch morgends und nachmittags relativ pünktlich da. :)


    Ich habe im übrigen bisher erst einmal mit einer Gruppe am Berg übernachtet. Das war auf der Musauer Alm. Hier ein Bericht einer Märzwanderung da rauf. Diese Alm kann jedoch überhaupt nicht mit der Frederick Simms Hütte verglichen werden. Da gehts relativ komfortabel zu, auch wenn es damals nur ein Matratzenlager gab.


    Märzwanderung auf die winterliche Musauer Alm bei Reutte in Tirol


    Noch etwas möchte ich zum Bericht dieser außergewöhnlichen Hütte erwähnen. Morgens um sechs klingelt der Wecker in etwas anderer Form. Entweder spielt der Wirt ein Stück auf dem Hackbrett oder auf der Gitarre. Um sieben gibt es Frühstück für alle. Dies deshalb, weil dieses gemeinsame Frühstück weniger Arbeit macht und den Zusammenhalt fördert. Viele Besucher sind ja nur eine Nacht da und wollen am nächsten Tag ein paar (!) Gipfel oberhalb besteigen. Da muß man schon früh aufstehen, wenn man danach auch noch von gut 2800 Metern Höhe bis runter ins Tal wandern will. Auch bilden sich oft spontan Gruppen, die am Folgetag gemeinsam Gipfel besteigen.


    Mir gefällt es jedenfalls recht gut dort oben und ich habe mir vorgenommen, einmal auf der Hütte zu übernachten und am nächsten Tag ein paar Gipfel in Angriff zu nehmen. Mal sehen, wann ich Zeit dazu finde.


    Hier noch der link zur HÜtte mit weiteren Infos und Bildern.


    http://www.simmshuette.com/


    grüsse


    jürgen

  • "Wer kann die Frage beantworten, wie zwei mal am Tag die etwa drei Dutzend Kühe über große Entfernungen zu diesem Melkstand verbracht werden, damit sie abgemolken werden können?"


    hallo Nichtlandwirte,


    es scheint so, daß ich dieses Rätsel doch selbst auflösen muß. Tatsächlich spüren die Kühe, wenn es Zeit ist zu melken. Dieses "Spüren" bedeutet, daß der Druck im Euter zunimmt, wenn der Melktermin aus welchen Gründen auch immer hinausgezogen wird. Dieser Druck wird sogar zum Schmerz, wenn nicht abgemolken wird. Die Kuh muht dann vor Schmerz. Gerade bei großen Herden ist es so, daß die vielen Kühe sich zum Melkstand vordrängen um möglichst schnell abgemolken zu werden.


    Eine Hochleistungsmilchkuh, solche sind bestimmt auch hier auf der Alm vorhanden, gibt zwei mal am Tag bis zu jeweils 20 Liter Milch. Dabei benötigt sie neben einer Menge Futter etwa 100 Liter Wasser.


    Deshalb ist auch die Zeitumstellung zwei mal im Jahr für die Milchbauern ein Problem. Hier mal Bilder aus dem Milchviehbetrieb des Klosters St. Ottilien bei uns in der Nähe. 170 Kühe bewegen sich frei im Stall und drängen sich, wenn es Zeit wird zum Melkkarussell.



    Links von der Mitte führt die schmale Gasse zurück in den Stall wo es sofort wieder an den Futtertrog geht.



    grüsse


    jürgen

  • nochmal kurz zurück zur Hütte. Da wir nun ja auch Videos hochladen können, möchte ich euch zwei vor der Hütte mit dem Iphone gedrehte Videos nicht vorenthalten.




    Viel Spaß beim Anschauen der bewegten Bilder.


    grüsse


    jürgen

  • Es gibt also Faßbier dort oben! Unfaßbar!

    Sonst wärest du doch bestimmt nich dort hoch gelaufen, oder? :14:


    Solch eine Hüttenübernachtung oder gar eine Tour von Hütte zu Hütte ist wunderschön, ich habe es schon einmal gemacht. Die Dolomiten rufen, vielleicht ...


    Hab Dank für deinen Bildbericht über das schöne Sulzltal,
    Klaus

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