der Harem im Topkapi Palast in Istanbul


  • Mehr als ein halbes Jahrhundert hat es gedauert, bis ich den Traum aller Männer verwirklichen konnte. Ich war im Harem. Wie das? Ganz einfach. In Istanbul befindet sich der Topkapi Palast, der Jahrhunderte lang den herrschenden Sultanen des Osmanischen Reichs als Wohnsitz und Regierungssitz diente. Ein streng abgeschlossener Bereich dieser großen Anlage ist der Harem, welchen man heute besichtigen kann.


    Leider waren die Haremsdamen nicht mehr da. Im Jahr 1909 gab es einen Putsch im Osmanischen Reich und in dessen Folge wurde der Harem aufgelöst.
    Deshalb kann ich euch in diesem Bericht lediglich die teils prächtigen Räumlichkeiten zeigen.







    Die Wände von fast allen Räumen sind mit Ornamentkacheln verziert. Die Steinfußböden waren früher mit Teppichen ausgelegt. Das Essen für die Frauen und Eunuchen, die im Harem wohnten wurde in der Großküche des Palastes für alle 4000 bis 5000 Bewohner der gesamten Palastanlage gekocht. Die Bediensteten durften diese Speisen dann nur bis zum Eingang des Harems bringen. Der Zugang war niemandem gestattet.







    In diesem Raum residierte die Mutter des Sultans, die faktische Herrscherin im Harem.











    Viele Räume haben Kuppeln als Decken. Diese sind mit Koransprüchen verziert. Bekanntlich ist im Koran die Abbildung von Menschen und Tieren verboten. Der Sultan herrschte ja auch über die im Islam heiligen Städte Mekka, Medina und Jerusalem. Er sah sich als Wahrer des Glaubens über alle Muslime. Diese Decke befindet sich in der Hünkar Sofasi, der Herrschaftshalle.





    Angegliedert an diesen Raum war das Musikzimmer.





    Dieser Raum ist das Privatzimmer des Sultans Murad III, der im 16. Jahrhundert lebte. Der Sultan selbst hielt sich nicht ständig im Harem auf. Er war die einzige männliche Person, wenn man von den Eunuchen absieht, die den Harem betreten durfte.





    Das ist der Brunnen in einer Nische in diesem Raum.





    Der heutige Bodenbelag ist nicht historisch. Alle Räume verfügten über offene Kamine.





    Die Fenster sind aus verschieden farbigem Glas zusammengesetzt.







    Ein Innenhof in der Anlage. Die Bewohner konnten nicht auf das Areal des Palastes durch ein Fenster hinaussehen. Genauso wenig war es anderen Palastbewohnern möglich, irgendjemand der im Harem wohnte zu sehen. Es gibt keine Sichtachse zwischen den Gebäuden der Gesamtanlage.





    Erwähnen möchte ich, daß es natürlich auch im Harem eine Moschee gab, in welcher nur die weiblichen Bewohner beten konnten. Die ist jedoch völlig schmucklos weshalb ich diese nicht abgelichtet habe.


    Ehrlich gesagt, habe ich mir den Harem etwas anders vorgestellt. Ich glaube auch nicht, daß die Damen damals alle in so einem ähnlichen Outfit wie Barbara Eden in der US-Serie Bezaubernde Jeannie aus den 60er Jahren herumgelaufen sind. Mir fehlte die Möblierung der Zimmer. Kalte, relativ dunkle Räume, überwiegend klein, wenn man die Räumlichkeiten der Mutter des Sultans und dem Sultan mal außer Acht lässt.


    Abschließend habe ich euch noch ein paar Erläuterungen zum Harem im Osmanischen Reich aus Wikipedia kopiert. Der Harem war doch was ganz anderes als wir uns heute vorstellen.



    Im Harem des Sultans herrschte eine strenge Hierarchie. An der Spitze stand die Sultans-Mutter (Valide Sultan), nach ihr folgten die Prinzessinnen osmanischen Geblüts (Sultana), dann kam die erste Hauptfrau (kadın / قادين / ‚Frau‘, plural kadınlar / قادينلر), die Mutter von Kindern des Sultans (nach der Geburt eines Sohnes wurde eine neue Kadın ausgewählt), danach die Favoritinnen (hasekî / خاصكی von persisch خاصگى, DMG ḫāṣṣagī), sodann die Ikbal und die Gözde (die der Sultan erblickt hat, und die des Sultans Taschentuch bekommen haben), die Haremsdienerinnen (auch odalık, „Odalisken“; von oda / اوطه / ‚Gemach, Zimmer‘), die Harems-Schülerinnen (Palastsklavinnen) und am Ende die Arbeitssklavinnen. Die Sultansmutter hatte großen Einfluss auf den Harem, da sie als ehemalige haseki am besten über die Gepflogenheiten Bescheid wusste. Sie suchte dem Sultan fast immer die neuen Ikbal für sein Schlafgemach aus. Auch versuchte sie, Monogamie zu verhindern, damit keine Frau zu viel Einfluss gewinnen konnte.[7][9] Die nächstwichtige Person im Harem war der oberste der Schwarzen Eunuchen (Kızlar Ağası). Dieser kontrollierte die Arbeit aller anderen Eunuchen, deren Aufgabe darin bestand, die Frauen des Harems zu unterrichten und für deren Körperpflege zu sorgen, sowie Geldangelegenheiten des Harems zu regeln. Der Kızlar Ağası war auch das Bindeglied zwischen dem Harem und der Außenwelt.[10][11]


    Die aus dem Harem vom Sultan für sich ausgesuchten Bettgenossinnen nannte man Ikbal (ikbâl / اقبال- die nur eine Nacht mit dem Sultan verbrachten), diese wurden dann eventuell zu Kadinen; sie führten streng abgeschlossen im Serail ihren eigenen Hofstaat mit Eunuchen und Haremsdienerinnen. Alle Kinder des Sultans, ob von Haupt- oder Nebenfrauen, galten als legitim. Die Damen des Harems waren fast ausschließlich nicht-moslemischer Herkunft aus vielen Ländern, da es verboten war, Muslime zu versklaven. Die Harems-Schülerinnen wurden in vielen Fertigkeiten unterrichtet, so lernten sie türkisch lesen und schreiben, Näh- und Stickarbeiten, Tanzen, Singen und Musizieren. Sie wurden dann oft an Würdenträger verheiratet, so sie nicht im Sultans-Harem verblieben. Dort waren sie für den persönlichen Dienst bei den höherrangigen Damen oder sogar beim Sultan vorgesehen. In diesem Falle wurden sie gedikli / كدكلو / ‚die Auserwählten‘ genannt. Aus ihren Reihen wählte der Sultan (oder die valide sultan) seine neuen Ikbal. Unmittelbar der Sultansmutter unterstand die kahya kadın, die Oberaufseherin des Harems.[12]


    Üblicherweise lebten auch die ledigen Töchter des Sultans (sultana) im Harem. Für sie diente er ebenfalls zur Erziehung. Wenn eine osmanische Prinzessin an einen hohen Würdenträger verheiratet wurde, so hatte dieser eine sehr große Morgengabe zu entrichten, meist einen Palast am Bosporus-Ufer für seine neue Gattin. Eine eventuell bestehende Ehe oder einen vorhandenen polygamen Haushalt hatte er unverzüglich aufzulösen.[10] Dieser Sultans-Schwiegersohn (Damad[13]) stand dem Rang nach lebenslang unter seiner Gemahlin und lebte meist auch getrennt von ihr.[14]
    Im 16. und 17. Jahrhundert wurde der Harem ein bedeutendes Machtzentrum im Herrschaftsgefüge des osmanischen Reiches. Die Lieblingsfrauen, Mütter und Großmütter der Sultane wie Roxelane, Frau Süleymans I., oder Kösem Mahpeyker, Frau Ahmeds I., Mutter Murads IV. und İbrahims sowie Großmutter Mehmeds IV., übten entscheidenden Einfluss aus, weswegen man diese Zeit als kadınlar saltanatı (Weiberherrschaft) bezeichnete.


    Nachdem am 24. April 1909 Truppen der Jungtürken den Harem des abgesetzten Sultans Abdülhamid II. gestürmt, den Obereunuchen an eine Laterne der Galatabrücke gehängt und die Sklavinnen und Eunuchen freigelassen hatten, wurden die Familien der Sklavinnen, soweit sie eruierbar waren, aufgefordert, ihre Töchter aus Konstantinopel abzuholen und heimzubringen (meist in den Kaukasus). Doch für viele ehemalige Haremsbewohnerinnen blieb nur der Ausweg, sich für Geld im Abendland bestaunen zu lassen. Bei einer Völkerschau in Wien vor dem Ersten Weltkrieg war eine solche Gruppe von Frauen und Eunuchen zu sehen.[15]


    Mustafa Kemal Atatürk, der Begründer der modernen Türkei, verbot für die Republik die Vielweiberei. Tunesien ist der zweite Staat in der islamischen Welt, in dem Polygynie ebenfalls gesetzlich verboten ist, in anderen islamischen Ländern ist sie erlaubt und wird auch praktiziert. (Zitat aus Wikipedia)


    Jürgen

  • :wink:


    Das ist ja interessant, die Räumlichkeiten eines Harems zu sehen.


    Danke, für diesen Foto-Bericht. Sehr informativ.


    Gruß
    Jofina

    El mundo es un libro, y quienes no viajan leen sólo una página. (Aurelio Agustín)
    Gruß Jofina

  • Danke, dass Du uns mitgenommen hast bei Deinem Besuch eines Harems.
    Wie hattest Du Dir einen Harem vorgestellt , Jürgen?


    Die kostbaren Wandverkleidungen, Fayencen, Glasfenster, die man heute im Topkapi sieht, sind sicher nur noch Spuren von einstigem Luxus.


    Man weiß wenig über die Bedeutung eines Harems, insbesondere der Frauen in der dortigen strengen Hierarchie (s. Dein Zitat aus Wikipedia) und ihren Einfluss auf die Sultane und das Schicksal des Landes in der jeweiligen Zeit.


    Welche Fäden wurden dort wohl intelligent gesponnen , welche Entscheidungen durch geschicktes , schlaues Lenken von bestimmten Frauen beeinflusst – ich kann mir das durchaus vorstellen.
    Ein Harem war eine Welt für sich, mehr als die Welt von „Tausend und eine Nacht“, wie wir sie uns vorstellen.


    Ein Artikel der „Welt“ zeigt interessante Aspekte für die Bedeutung eines Harems in der Zeit der Sultane auf.
    Interessant auch , dass der derzeitige türkische Sultan und seine Frau sich auf den Harem zurückbesinnen.
    Zitat:
    "Die Frau des türkischen Präsidenten Erdogan preist den osmanischen Harem. Für Frauen soll er eine Schule fürs Leben gewesen sein. Männer konnten darin ihren Verstand verlieren, manchmal auch mehr."
    https://www.welt.de/geschichte…-der-Osmanen-zaehlte.html


    Liebe Grüße,
    Elke

  • Als ich damals mit 18 Jahren das erste Mal in Istanbul weilte, habe ich auch den Topkapi Palast gesehen. Und hörte vom Harem. Zugang war natürlich nicht möglich.


    Die kompetente Reiseleiterin umriss das Thema dergestalt, dass sich hier keineswegs Männerträume erfüllen.


    Die Damen waren ohnehin in einer Art fiktiven Gefängnis. Das muss man sich mal vorstellen, nur Frauen und die paar Eunuchen, alle fast lebenslang aufeinander sitzend .
    Irre .


    Warten bis der Typ da kommt und huldvoll eine mitnimmt. Da hab ich damals schon , obwohl sehr jung, einen Vogel bekommen, da ich mir nicht vorstellen konnte, wenn einem seine Freiheit genommen wird.


    Da half sicher auch nicht, dass man den Damen den Status von außergewöhnlicher Ehre zuordnete.


    Wir sahen dann auf der Fahrt den Bosporus hinauf auch noch von außen so Harems, aber das war wohl dann schon vom Gebäudezustand her allenfalls etwas für die Regionalliga.lach.


    Lieber Jürgen,
    danke für den wunderbaren Bericht.


    Den Topkapi Palast selbst hast ja sicher auch gesehen, die prunkvolle Einrichtung ist mir vor allem seinerzeit aufgefallen, das mit Gold und Saphiren eingefasste
    Geschirr, das alles riesigen Umfang hatte. Ein Zeichen für Protz und allzeitliche Feiern im ganz , ganz großen Kreis.


    Wirkte aber auf mich trotzdem befremdent, komischer Weise.


    Lieben Gruß
    Helmut

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