Pula: Fort San Giorgio auf dem Monte Ghiro aus österreichischer Zeit

  • Manchem Urlauber, der schon wiederholt in Pula und Umgebung geweilt hat, dürfte es bekannt sein, daß es in Pula und drumherum aus der „guten alten KuK-Zeit“ einige Festungen zu bestaunen gibt. Im Sommer dieses Jahres hatten wir das Glück, daß die bisher versperrte Festung San Giorgio geöffnet und damit zugänglich war. Dies konnte ich mir auch gegen den Willen meiner herzallerliebsten Ehefrau nicht entgehen lassen.


    Dieser Festungsturm steht gleich neben dem Friedhof Monte Ghiro auf einem 58 Meter hohen Hügel. Der Fachmann spricht hier von einem Turmfort mit Eingangszwinger.




    Bekanntlich errichteten die Österreicher solche Forts ab der Mitte des 19. Jahrhunderts um ihren neu aufzubauenden Hauptkriegshafen Pula zu schützen.


    Durch den Zwinger geht’s rein in die Festung.



    Gleich rechts vom Eingang befindet sich dieser Trog, der vermutlich als Tränke für Zugpferde diente.



    Hinter dem Eingang befindet sich ein Turm.



    Unter dessen Gewölbe ist dieser Ring auch heute noch angebracht. Vermutlich befand sich hier ein Flaschenzug um Munition und andere Dinge in die einzelnen Etagen zu heben.



    Schon stehen wir mitten im Hof, wo uns natürlich die Zisterne auffällt. Alle Festungen hatten solche Zisternen zum Sammeln von Regenwasser, so daß sie zumindest eine Zeit lang autark sein konnten.




    Neben dem Eingangsturm befindet sich ein weiterer Turm mit Treppenhaus, in welchem die Soldaten in die einzelnen Etagen gelangten.



    Durch so ein Loch in der Mauer ragte eines der ursprünglich 17 Geschütze.



    Abgedichtet war das ganze Fort von oben durch Asphalt, welcher langsam abbröckelt.



    Von oben gesehen erkennen wir den Eingangszwinger



    und das Treppenhaus rechts im Bild sowie den Turm hinter dem Tor.




    Die beiden Damen fühlen sich sichtlich wohl auf der „Sonnenterrasse“.



    Die Öffnungen zum Innenhof dienten wohl dem Abzug des Pulverdampfs.



    Eine äußere und eine innere Mauer waren durch einen Gang getrennt.



    Hier noch mal der Blick vom Eingang nach aussen.



    Einen Graben gabs natürlich auch rund um die Festung.



    Zum Schluß möchte ich noch erwähnen, daß diese Festung natürlich deshalb so gut erhalten ist, weil es im Raum Pula im Ersten Weltkrieg ausser zu Wasser keine kriegerischen Auseinandersetzungen gab. Die Italiener hatten einen Heiden Respekt vor der hier konzentrierten Militärmacht der Österreicher. Böse Zungen behaupten, daß machen die in Kriegen immer so.


    Alle Turmforts waren übrigens um die Jahrhundertwende schon wieder veraltet und wurden deshalb dearmiert. Sie dienten nur noch als Versorgungsdepot und Mannschaftsunterkünfte.


    Neben dem Turm wurde 1918 eine Ballonstation zur Artilleriebeobachtung errichtet. Zudem baute man hier eine Luftfahrzeugabwehrbatterie. Davon steht jedoch nichts mehr. Der Turm San Giorgio ist jedenfalls in einem tollen Zustand. Ich hoffe, mein kleiner Ausflug in die jüngere Geschichte Istriens hat euch gefallen.


    Jürgen

  • Wo Du Dich überall "rumtreibst"


    Ein gut gemachter Bericht - danke, Jürgen!


    Welchen Verwendungszweck dieses doch recht gut erhaltene Gebäude einmal finden wird?
    Da wird es schon Leute geben, die Phantasie (und Geld) haben... Ich könnte mir da schon einiges vorstellen.


    Gruß,
    Elke

  • Hallo Jürgen,



    ein sehr informativer Bericht aus der Vergangenheit, interessant und gut kommentierte Bilder.


    Wieder etwas dazugelernt, Danke fürs Einstellen der schönen Bilder.

  • Zitat von claus-juergen

    ...daß die bisher versperrte Festung San Giorgio geöffnet und damit zugänglich war...


    Das hätten wir uns auch nicht entgehen lassen. Wenn Steine erzählen könnten...


    Danke Jürgen,
    Irmgard und Klaus

  • Hallo Jürgen,


    das ist ein überaus interessanter (und sehr schön bebilderter) Bericht. Auf den ersten Blick – was das Material und den Stil seiner Verwendung am Bau betrifft – ist die Ähnlichkeit mit den Ulmer Festungsbauten wirklich groß. Die Anlage ist aber völlig anders. Sowas wie diese innenliegenden Türme habe ich noch nie gesehen. Naja, wie auch - ich kenne eine Reihe älterer Festungen und auch neuere (Maginot-Linie), aber weiter keine aus dem 19. Jahrhundert. Immerhin wundert mich der Eingangszwinger – all diese sternförmigen Anlagen galten doch um diese Zeit schon als veraltet.


    Die Zisterne verstehe ich nicht. Ein noch so schönes Loch mit geringem Durchmesser nimmt doch vergleichsweise wenig Wasser auf; gab es Zuleitungen vom Dach, die nicht mehr vorhanden sind? Abflußrinnen sind an der Dachfläche zu erkennen, aber nicht, wohin sie führen. Sind Brunnen dort nicht möglich?

  • Hallo Waltraud,


    von diesen runden Festungsbauten gibt es einige in Pula und Umgebung. Das Buch "der KuK Krieghafen Pola" von Anton Grestenberger beschreibt diese alle recht detailliert. Etwa ein Dutzend von diesen Festungen kenne ich aufgrund eigener Erkundungen. Die innenliegenden Treppenhäuser waren durch diese Anordnung vor feindlichem Beschuß geschützt.


    Was die Zisterne angeht, sieht man nur die Schöpfstelle. Das Regenwasser wurde oben auf der leicht schräg verlaufenden ringförmigen Fläche gesammelt wie auch auf dem gepflasterten Innenhof und in die Zisterne unter diesem Innenhof geleitet. Die fasst sicherlich mehrere hundert wenn nicht über 1000 Kubikmeter. Entnahmestellen gab es sowohl im Hof als auch in der Küche und den Waschräumen mittels Schwengelpumpen. Als die Elektropumpe erfunden war, diente die Festung nicht mehr dem ursprünglichen Zweck.


    Wenn du bei diesem Bild genau hinsiehst, kannst du links und rechts der Mitte die Abflüsse vom Dach sehen. Die linke ist aus Stein und gut erhalten während die rechte in marodem Zustand ist. Wirft man einen Stein in den Brunnen, hört man das Eintauchen ins Wasser. Die Zisterne ist also heute noch dicht.



    grüsse


    jürgen

  • Danke, Jürgen!


    ja, daß die Treppenhäuser zum Schutz gegen Beschuß innen stehen, ist schon klar, aber deswegen müßten sie doch das Dach nicht überragen? Oder täuscht das auf dem Foto?


    Diese vorgelagerten "Blendsäulen" habe ich nicht mit den Rinnen in Verbindung gebracht, weil mir auf den Bildern vom Dach schien, daß die Abflüsse viel enger beieinander liegen.


    Die anderen Festungen habe ich schon gegoogelt, aber allzuviel habe ich darüber nicht gefunden. Das Buch habe ich bei amazon gefunden, aber 45 € für 192 Seiten ist mir ein bißchen zuviel. Schade. Ich werde weitersuchen, vielleicht finde ich es irgendwo billiger.

  • Danke, Jürgen!


    ja, daß die Treppenhäuser zum Schutz gegen Beschuß innen stehen, ist schon klar, aber deswegen müßten sie doch das Dach nicht überragen? Oder täuscht das auf dem Foto?
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    Die anderen Festungen habe ich schon gegoogelt, aber allzuviel habe ich darüber nicht gefunden. Das Buch habe ich bei amazon gefunden, aber 45 € für 192 Seiten ist mir ein bißchen zuviel. Schade. Ich werde weitersuchen, vielleicht finde ich es irgendwo billiger.

    hallo Waltraud,


    Das Treppenhaus ist ebenfalls gegen Beschuß von außen geschützt. An einen Angriff aus der Luft dachte man beim Bau noch nicht.


    Durch diese Bauweise, die über die Dachfläche hinaus ragt, konnten die Verteidiger auf das ebene Dach gelangen und mit Handfeuerwaffen jeden Angriff abwehren. Das Fort stand ja damals frei auf einem Hügel. Jeder Angreifer wäre vollig ungeschützt der Militärmacht der Besatzung des Forts ausgesetzt gewesen. Auf zwei Galerien im Festungsturm standen Kanonen, die das gesamte Vorfeld abdeckten, während von oben gezielt durch die Soldaten der potentielle Feind bekämpft werden konnte. Angreifende Infanterie hatte also keine Chance.


    Auf dem Bild ist es schlecht erkennbar. Aber der Wall oben, der die Dachfläche nach außen begrenzt, ist sicherlich mehr als einen Meter dick und bietet hervorragenden Schutz vor Beschuß von unten außerhalb der Festung. Das Treppenhaus nach oben war somit ebenfalls gegen Beschuß gesichert.



    Es gab im übrigen zwei solcher Türme. Der eine war das Treppenhaus, von wo aus die Mannschaften, die im Ergeschoß ihre Unterkünfte, Waffenkammern, Waschräume, Küche, Amtsstube etc. hatten, nach oben gehen konnten. Der andere Turm war der Lastenaufzug, wo mittels eines Flaschenzugs die Kanonen, Munition und sonstiges schwere Gerät nach oben gehieft werden konnte. Aus meiner Sicht alles recht gut durchdacht. Nur hat sich halt die Waffentechnik weiterentwickelt, weshalb viele dieser Einrichtung bereits während des Ersten Weltkrieges umgewidmet wurden.


    Der sechseckige Turm rechts beinhaltet das Treppenhaus. Der viereckige links ist innen vollständig offen, so daß sperriges und schweres Gerät nach oben gezogen werden konnte.



    Was das Fachbuch anbelangt, schicke ich dir eine mail mit einer Bezugsquelle zum Originalpreis des Neuen Wissenschaftlichen Verlags aus Wien. Dieser liegt bei ca. 20 €.


    grüsse


    jürgen

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