Heiliger Abend 2012: 14 Grad im Schatten, Sonnenschein mit ein paar Wolken, damit der bekannte weißblaue Himmel in Bayern. Ich kann mich nicht erinnern, es an Weihnachten einmal so warm gehabt zu haben. Was lag da näher, als dem Vorbereitungstrubel für den Abend meiner Frauen (Angelika, 2 Töchter und eine weibliche Katze, gelegentlich noch die Schwiegermutter) mittags um 12.00 Uhr zu entfliehen und eine kleine Radtour in die nähere Umgebung zu machen.
Mein Ziel war das Ölfeld von Aitingen, nur wenige Kilometer nördlich von Schwabmünchen. Dort befindet sich das größte bayerische Ölfeld. Jährlich werden da an bisher fünf Pumpstationen ca. 30.000 Tonnen Erdöl gefördert. Die Förderung an diesem Standort besteht bereits seit ca. 40 Jahren.
Aus der lokalen Presse habe ich entnommen, dass etwa seit zwei Wochen für die Dauer von vier Wochen ein neuer Explorationsturm aufgestellt wurde, wo das bereits bekannte Ölfeld zuerst vertikal und nach etwa 600 Metern Tiefe langsam in die Horizontale übergehend angebort werden soll um im Laufe des Kalenderjahres 2013 auch hier mit der Förderung zu beginnen. Die Gesamtlänge des bei dieser Bohrung eingesetzten Gestänges soll etwa 1,5 km betragen.
Ich schwang mich also auf mein Radl und war nach etwa einer halben Stunde am Ölbohrturm. Dort sind derzeit etwa 30 Personen bei drei verschiedenen Firmen eingesetzt um die Bohrung durchzuführen. Der Auftraggeber ist der deutsche Ölkonzern Wintershall, nicht zu verwechseln mit dem Ölmulti Shell. Die gesamte Bohrung soll etwa 3 Millionen Euro kosten.
Wer näheres zur Technik und zu den deutschen Vorkommen der fossilen Rohstoffe Erdöl und Erdgas wissen möchte, dem darf ich diesen link empfehlen:
Vereinfacht ausgedrückt, treibt ein Motor am Kopf des Bohrturmes einen rotierenden Meißel an, der am Ende von verschraubten Rohren ins Erdreich getrieben wird. Heutzutage kann man die Richtung der Bohrung exakt steuern. Erdöl befindet sich mit Sicherheit in ausreichender Menge im Boden. Das Gelände wurde vor langer Zeit bereits auf Vorkommen untersucht. Es stellt sich nur die Frage, ob es auch wirtschaftlich gefördert werden kann. Die gestiegenen Rohölpreise lassen nun auch eine Förderung an teureren Standorten wie hier zu.
Um den Standort zu erschließen, wird nicht nur eine Wasserleitung gelegt, sondern auch die Bohrstelle abgedichtet und als Wanne asphaltiert, so dass ggfs auslaufendes Öl nicht ins Erdreich gelangen kann.
Eine Wasserleitung wurde zur Bohrstelle verlegt. Betriebsstrom für die Anlage und die Arbeiterunterkünfte kommt aus mobilen Kraftwerken, die mit Heizöl betrieben werden.
Gelegentlich müssen sogenannte Muffen aus Stahl, die einen größeren Durchmesser als das Bohrgestände haben, eingebaut werden. Dies deshalb, weil wasserführende Schichten durchbohrt werden. Um das Bohrloch abzudichten, wird Wasser mit Ton vermischt verwendet.
Nach erfolgreicher Bohrung werden die gesamten Gerätschaften wieder abgebaut. Eine Pumpe fördert das Öl und es wird in einer Pipeline zur Aufbereitungsstation am Bahnhof Großaitingen gebracht. Dort wird Wasser und Erdgas abgeschieden und das Rohöl in Tanks gelagert. Regelmäßig nehmen Tankzüge das Öl auf und es wird in Ingolstadt raffiniert.
Viel mehr als diese Pumpstation sieht man nach dem Abbau des Bohrturms nicht mehr. Anscheinend fühlte sich die Rotte Rehe, die ich direkt daneben gesehen habe, trotz eines relativ leisen Dauergeräuschs der Pumpe nicht gestört.
Dieses Bild zeigt eine der alten Pferdekopfpumpen, wie wir sie kennen. Heutzutage werden diese Pumpen durch modernere ersetzt.
Im Vordergrund der Aufbereitungsanlage Großaitingen befinden sich die Auffangbecken für das Wasser. Nach der erfolgten Reinigung versickert es wieder im Boden. Im Hintergrund kann man den Tankzug sehen.
Als jemand, der doch schon einige Zeit hier wohnhaft ist, kann ich mich nicht daran erinnern, dass es schon mal Probleme im Hinblick auf eine eventuelle Verschmutzung der Umwelt im Zusammenhang mit der hiesigen Ölförderung gegeben hat. Eine Zerstörung der Landschaft wie bei der Förderung der nordamerikanischen Ölsande oder des kanadischen Ölschiefers ist hier jedenfalls nicht gegeben.
Im übrigen kann theoretisch in Deutschland, anders als in anderen Staaten der Welt wie z. B. den USA hier niemand Ölmilliardär werden, weil alle Bodenschätze dem Staat gehören. Dieser vergibt dann Schürflizenzen. Schade, vielleicht hätte ich auch mal im Garten gebohrt...
Jürgen