Abenteuer Ararat
Die Region Ostanatolien im Gebiet der Kurden an der Grenze zum Iran und zu Armenien ist eine schwierig zu bereisende Gegend.
Jeden Tag kann sich die Sicherheitssituation ändern und bestimmte Routen können gesperrt sein.
Jahrelang war die Besteigung der Ararat nicht möglich – zur Zeit scheint es wieder erlaubt zu sein.
Es sind keine Individualexpeditionen erlaubt, man darf nur in Gruppen mit einheimischen Bergführern gehen.
Die Genehmigung muss monatelang vorher von den örtlichen Behörden eingeholt werden und selbst dann kann man nicht sicher sein, dass die Besteigung am gewünschten Tag vor Ort auch genehmigt wird.
Wir haben diese Tour vor der letzten langen Sperrung vor mehr als 10 Jahren gemacht.
Zur Lizenz für die Karte siehe hier
https://www.openstreetmap.org/
Die Fotos sind allesamt gescannte Dias- die nicht so brillanten Farben und evtl. Unreinheiten auf den Bildern bitte ich zu entschuldigen.
Wir waren eine Bergsteigergruppe von 11 Personen und die Reise wurde von Hauser Expeditionen München für uns organisiert .
Ich kannte einen Teil der Türkei bereits von zwei Reisen davor- Istanbul, Ankara, Konya , Antalya, Bursa…usw.. aber was ich an Landschaft und Leben in der Osttürkei erlebte, das überraschte mich sehr.
Hier ein Bericht über die zwei Wochen, die wir im Osten der Türkei verbrachten.
Der Anflug erfolgte über Istanbul – Ankara
Ankara
Von dort mit einer Regionalmaschine in die rund 700km östlich liegende Stadt Erzurum.
Erzurum ist eine Großstadt , Universitätsstadt mit mehr als 300 000 Einwohnern.
Eine der Hauptsehenswürdigkeiten neben der Festung ist die Medrese( islamische Bildungsstätte) mit ihren 2 Türmen.
Dass wir uns schon weit im Osten und weit weg von den teilweise doch schon westlich anmutenden Metropolen wie Istanbul oder Ankara befanden, erkannten wir unter anderem daran, dass fast nur Männer sich auf öffentlichen Straßen und in Restaurants aufhielten.
Vor dem Aufstieg auf den 5 156 m hohen Ararat war zur Akklimatisierung die Besteigung des Kacgar Dagi vorgesehen, 3 937m hoch, nur 40 km von der Schwarzmeerküste entfernt, ca 90 km östlich von Trabzon.
Es war eine wunderschöne, grüne Landschaft- ähnlich wie unserer Alpen, jedoch sehr abgelegen.
Für die Kinder in den Dörfern, durch die wir wanderten, waren die Ankunft von uns Fremden eine willkommene Abwechslung.
Der Aufstieg auf den Kacar Gipfel war nicht schwer, ein paar wenige Schneefelder, viel Geröll im Gipfelbereich – aber am schönsten waren für mich die unglaublich schönen Bergwiesen, auf denen wir für 3 Tage unsere Zelte aufgeschlagen hatten.
Die Weiterfahrt nach Osten erfolgte mit dem Bus.
Nach dem grünen, regenreichen Küstengebirge ( Pontisches Gebirge) kamen wir in eine karge Region, in der Landwirtschaft nur dort möglich ist, wo bewässert werden kann.
Kilometerweites, nahezu menschenleeres Land – nur hin und wieder ein paar kleine Dörfer, oft Häuser aus Lehmziegeln.
Die Stadt Kars , nur ca 50km von der Grenze nach Armenien entfernt, war unser nächstes Ziel.
Diese Region ist ein Schnittpunkt russischer, georgischer, iranischer, armenischer und osmanischer Kultur und wird davon geprägt.
Ein Hamam – ein Badehaus, das sich offensichtlich nicht in sehr gutem Zustand befand- so wie eigentlich die ganze Stadt einen staubigen, nicht sehr gepflegten Eindruck auf uns machte.
Neben der Zitadelle ist die ehemalige armenische Kathedrale, die „Kirche der Apostel“ ( gebaut 932-937) sehr sehenswert. Es ist heute eine Moschee.
Die staubige, heiße Weiterfahrt ging auf der grenznahen Straße bis in die Nähe von Dogubeyazit , nur ca 36 km von der Iranischen Grenze entfernt.
Eine Festung aus dem 18. Jahrhundert, die Burgfestung Ishak Pasa Sarayi.
Dogubeyazit sollte Ausgangpunkt für unsere Ararattour sein.
In einem Hotel in der Stadt warteten wir auf die endgültige Erteilung der Genehmigung, ohne die man nicht durch die Militärkontrollen am Fuße des Ararats kommt.
Es war Hochsommer, es war heiß – nur selten sah man den Gipfel des Ararats. Durch die großen Temperaturunterschiede am Berg entstanden am Spätnachmittag in der Regel heftige Gewitter.
Das war das Ziel unserer Pläne – der Gipfel des Ararat
Der Ort Dogubeyazit ist unspektakulär.
Wir warteten im Hotel einen Tag, zwei Tage – unsere Reisebegleiter waren stundenlang unterwegs von einem Büro ins andere- die Genehmigung ließ auf sich warten –
Und in dieser Zeit verstand ich, dass es manchmal sinnvoll ist, einheimische Reisebegleiter zu haben: ohne Sprachkenntnisse wird man vermutlich nie zu einer Genehmigung für die Bergbesteigung kommen.
Am zweiten Abend war die Genehmigung da, am dritten Morgen konnte es losgehen.
In der Nacht hatte es ein heftiges Gewitter gegeben - am Morgen immer noch Regen.
Wir und unser Gepäck wurden auf einen offenen LKW verladen.
Bis zum Fuß des Ararats waren es ungefähr 20 km.
Endstation- hier warteten schon Einheimische mit Pferden, die unser Gepäck zum Basislager auf 2700 m Höhe hochbringen sollten.
Unser Aufstieg zum Basislager – am Vormittag hatten wir den Gipfel des Ararat vor Augen.
Nach der Nacht in den Zelten auf einer Wiese in 2700m Höhe erfolge am nächsten Tag der zweite Aufstieg zum Hochlager auf rund 4000m Höhe.
Die „Unterbringung“ dort war alles andere als bequem. Die Zelte mussten auf Felsbrocken aufgeschlagen werden – die Zeltleinen wurden mit und an Felsen befestigt- die Isomatte als Unterlage im Zelt – es war schwierig, eine Liegefläche zu finden ohne einen Felsen im Rücken.
Am späten Nachmittag braute sich eines der gewohnten Gewitter zusammen.
Ich muss gestehen, dass ich selten so Angst hatte wie in diesen Stunden im Zelt: wir befanden uns mitten in den Gewitterwolken- Blitze und Donner krachten gleichzeitig ín unmittelbarer Nähe – und in den Pause hörten wir das Geheul von Wölfen irgendwo in der Ferne.
Aber alles ging gut.
Vom Aufstieg am nächsten Tag habe ich keine Bilder.
Wir starteten morgens um halb vier Uhr mit Stirnlampen und dann ging es über Geröllhalden und Schneefelder stetig bergan.
Der Ararat ist bergsteigertechnisch gesehen kein schwieriger Berg.
Aber Kondition ist gefragt-
Ich erinnere mich, dass ich unterwegs sehr bereut habe, bei der Vorbereitung der Reise nicht etwas mehr dafür getan zu haben.
Dazu die Höhe… am Schluss zählte ich die Schritte und erlaubte mir immer erst nach 20 kleinen Schritten eine Schnauf- und Pulspause.
Enttäuschend war, dass sich an diesem Vormittag der Ararat in eine Nebeldecke gehüllt hatte.
Aber dennoch war ich stolz, den Gipfel erreicht zu haben.
Auf dem Gipfel in 5165m Höhe
Ringsum Nebel. Dort wo man eigentlich hinunter nach Erivan in Armenien, in den Iran, nach Ostanatolien hätte schauen können: nur eine weiße Wand.
Nach der Arche Noah konnte ich natürlich auch nicht Ausschau halten.
Minus 8 Grad- wir konnten uns nicht lange aufhalten, da uns der lange Abstieg bis ins Basislager auf 2700m Höhe bevorstand.
Aber die Nebeldecke riss auf.
Über Schneefelder und Geröllhalden ging es flott bergab. Allein und ohne Seil war das schon viel einfacher.
(Irgendwo im linken unteren Viertel des Bildes sind die Zelte des Hochlagers als kleine blaue Punkte erkennbar)
Die Zelte des Hochlagers in Sicht – sie mussten noch abgebaut und einpackt werden
Ich weiß nicht mehr wie viele Stunden es waren, bis wir wieder auf der schönen , weichen, grünen Wiese im Basislager waren.
Einheimische Kinder und Erwachsene schauten neugierig unserem Treiben zu.
Am Abend saßen wir vor den Zelten beieinander und feierten.
Unser Reisebegleiter hatte sogar ein paar Flaschen Rotwein besorgt.
Nach einer sehr erholsamen Nacht ging es am nächsten Tag wieder hinunter ins Tal, mit dem LKW nach Dogubeyazit und von dort mit einem Bus nach Van am gleichnamigen Vansee.
Der Vansee ist etwa 7 Mal so groß wie der Bodensee.
Seine Besonderheit: das Wasser ist alkalisch, wenn man darin badet, fühlt es sich an wie Seifenwasser und es schmeckt entsetzlich.
Die alte Burg bei der Stadt Van ( Van Kalesi) und der Blick über die unter der Erde liegenden Ruinen der alten Stadt Van, die Ebene und im Hintergrund der Vansee.
Unweit von Van befindet sich eine Insel, die im 10. Jahrhundert das geistige Zentrum von Armenien war: Achdamar ( Akdamar)
Mit einem Boot kann man übersetzen
Von den Palästen und Gärten ist heute nichts übriggeblieben.
Nur die 915 erbaute Heiligkreuzkirche lässt die frühere Pracht noch erahnen.
Zahlreiche wunderschöne Reliefs, teilweise mit biblischen Szenen schmücken die Außenfassade.
Allein der Besuch von Akdamar würde eine Reise nach Ostanatolien lohnen.
Ein weiterer Ausflug stand an: Die Fahrt zu der etwa 20 km von Dogubeyazit entfernten osmanischen Burgruine Hosap ( Kurdisch : Schönes Wasser) – nur wenige Kilometer von der iranischen Grenze entfernt.
Die Burganlage wurde 1643 durch den kurdischen Fürsten Mahmudi Süleyman erbaut.
Zur Anlage gehörten früher zwei Moscheen, Vorratskammern, mehrere Bäder, mehr als 300 Zimmer und ein Kerker.
Ich habe mir erzählen lassen, dass man inzwischen die Burgruine wegen Einsturzgefahr nicht mehr betreten darf.
Eigentlich war geplant, dass wir nach Erzurum zurückfliegen sollten.
Aber nur Allah kennt den Grund: das Flugzeug gab es nicht und wir fuhren mit dem Bus 400km viele Stunden über teilweise schlechte und staubige Straßen zurück nach Erzurum – im Nachhinein war das nicht einmal so schlecht - konnten wir doch weitere Eindrücke von der Landschaft in Ostanatolien gewinnen.
Ein letzter Blick auf den Ararat.
Von Erzurum ging dann der direkte Flug nach Istanbul und von dort zwei Tage später zurück nach München.
ELMA