Eger
Einmal dieses wunderschöne Barockstädtchen mit seiner attraktiven Altstadt,
seiner bewegten Geschichte und der berühmten Burg vorzustellen war mir schon lange ein Bedürfnis.
Eger ist eine Stadt in Nordostungarn mit etwa 56 000 Einwohnern.
Der deutsche Name ist Erlau. Der Ursprung des Namens soll auf den Égerfa (deutsch Erle) zurückzuführen sein.
Für den Ungeübten eine kleine Hilfe zur Aussprache des Ortsnamens:
Das E am Anfang wird kurz und wie ein "ä" ausgesprochen (im Gegensatz zu dem bekannten Eger in Tschechien).
Es hört sich etwa an wie "Äggär".
Bekannt ist die Stadt durch das Erlauer Stierblut (Egri Bikavér), einem Rotweinverschnitt mit mindestens drei Rebsorten.
Ursprünglich wurde die Trägersorte Kadarka mit Merlot, Kékfrankos (Blaufränkischem), Kékoportó (blauem Portugieser)
oder Cabernet sauvignon verschnitten.
Heute bildet vor allem der Kékfrankos den Grundwein des säurearmen, tiefdunklen, vollen Rotweins,
der in alten Eichenfässern mindestens zwei Jahre reifen sollte.
Zur Entstehung seines Namens erzählt man folgende Geschichte:
Die Verteidiger Egers tranken ihren heimatlichen Wein um ihren Kampfeswillen und ihre Moral zu steigern.
Als jedoch die türkischen Belagerer die rotgefärbten Bärte der Verteidiger sahen, dachten sie,
die Erlauer hätten das Blut von Stieren getrunken um sich deren Wildheit und Kampfesstärke anzueignen
und zogen sich schließlich zurück weil die Türkenschar durch diesen Eindruck demoralisiert wurde.
Nach einigen unerfreulichen Jahren, wo gepanschte Weine mit hartem Säuregehalt als Billigangebot und als Stierblut bezeichnet
in den Regalen der Supermärkte angeboten wurden, erleben die Weine von Eger wieder eine Renaissance
und engagierte Erlauer Winzer erringen wieder Gold- und Silbermedaillen auf internationalen Weinmessen.
An den umliegenden Hügeln findet man viele Weinkeller.
Das bekannteste Gebiet ist das "Szépasszonyvölgy", das "Tal der schönen Frauen",
ein kleines stadtnahes Tal, das sich hervorragend für eine Weinverkostung eignet.
Dort habe ich diese Kapelle zum Herzen der unbefleckten Maria …
vor diesem wunderschön gelegenen Hotel …
fotografiert.
In der Nachbarschaft findet man fast 200 Weinkeller die in die Hügel eingegraben sind und zu einer Weinverkostung einladen.
Vor dem Teil des Tales der schönen Frauen der "touristisch aufbereitet" ist ...
... stehen gleich zwei Darstellungen der schönen Frau.
Keramik von Zsóka Debreczeni und und Zoltán Pelz, 2000
Bronzefigur von Mihály Kolodko, Sockel von György Sosiak, 2013
Keck lüpft sie den Rocksaum.
Nein! Sie versucht nur ihr Kleid trocken zu behalten beim Zertreten der Trauben!
Der Brunnen ist ein Geschenk der befreundeten Stadt Wynohradiw (ukrainisch Виноградів) kurz nach der Grenze, in der Ukraine.
Der ungarische Name ist Nagyszőlős (Großtrauben), der die Verbindung der Städte durch den Wein erkennen lässt.
Die Deutungen des Namens des Tales der schönen Frauen reichen von den Frauen, die hier Wein ausgeschenkt haben,
während ihre Männer im Weingarten gearbeitet haben,
bis hinab ins Ungarn der Heidenzeit, in der hier die Göttin der Liebe verehrt wurde,
aus der mit der Missionierung die "Schöne Frau" als Ausdruck für die Gottesmutter Maria geworden ist.
Kurz etwas zur Geschichte von Eger:
Schon der erste ungarische König István I. (Stephan I.) hat Eger zum Bischofssitz ernannt.
1241 wurde Eger von den Mongolen vollständig zerstört und die meisten Einwohner getötet.
Während der Regierungszeit von Matthias Corvinus im 15. Jahrhundert erlebte die Stadt - wie ganz Ungarn - ihre Renaissance.
Die erste Belagerung durch die Türken im Jahre 1552 wurde von etwa 2000 Soldaten und Stadtbewohnern,
unter der Führung von István Dobó gegen 80 000 Türken erfolgreich abgewehrt.
Ein Vordringen der Osmanen nach Oberungarn (heute Slowakei) wurde dadurch vorerst verhindert.
Aus diesem Grund wird dieser legendäre Burgkommandant noch heute verehrt.
das Dobó István-Denkmal am Dobó tér
Mit gezogenem Säbel, flankiert von einem Krieger und einer Frau, die einen Stein auf die Angreifer schmeißt,
beherrscht er von seinem Denkmal aus den Platz.
Der Schriftsteller Géza Gárdonyi hat diese Heldentat in seinem Roman "Egri Csillagok", die "Sterne von Eger", in sehr patriotischer Form beschrieben. Er hat ausführlich recherchiert und er beschreibt das Leben im 16ten Jahrhundert in großer Detailfülle.
Die im Roman vorkommenden Personen Bornemissza, Dobó, Török oder Cecey haben tatsächlich gelebt.
Regelmäßig erinnern Burgfeste und Theateraufführungen an diese Zeit.
1596 wurde Eger dann doch von den Türken eingenommen und blieb für 91 Jahre unter osmanischer Herrschaft.
An die Kämpfe erinnert heute ein Denkmal von Zsigmond Kisfaludi Strobl (1967) vor dem Rathaus,
"Végvári harcok - Törökverő", ("Festungskämpfe - Türkenbezwinger").
Arnaut Pascha ließ im Jahre 1624 die Kethuda-Moschee errichten, von der heute noch das 40 Meter hohe Minarett erhalten ist.
Es gilt als das nördlichste osmanische Bauwerk in Europa.
Wer Lust hat, kann nach ungewohnt hohen 93 Stufen auf der unheimlich engen Wendeltreppe einen herrlichen Blick über die Stadt genießen.
Ich war dazu zu faul und habe nur von unten fotografiert.
Auf der Spitze des Minaretts bezeugt ein Kreuz den Sieg der Christen über den Islam.
Im Hintergrund steht die "Szent Sebestyén vértanú temploma" (Kirche des Märtyrers Heiliger Sebastian)
der Barmherzigen Brüder vom heiligen Johannes von Gott.
Sie bildet den Mittelteil des ehemaligen Klosters in dem am 25. November 1769 die erste medizinische Fakultät in Ungarn eröffnet wurde.
Seit 2010 wird der Gebäudekomplex renoviert.
Gegenüber vom Kloster lacht das Herz der Marzipanfreunde.
Im "Glockengiesserhaus" (Harangöntő-ház) hat der Zuckerbäckermeister Lajós Kopcsik ...
... ein kleines süßes Marzipanmuseum untergebracht.
Wohin man schaut: Alles zum Anbeissen!
Das ist aber leider nicht erlaubt. Dazu muss man im Laden einkaufen gehen.
Die Marzipantorte mit dem Wappen von Eger.
Die Eurotorte.
Eine Palette mit Symbolen der ungarischen Komitate.
Ein Bild von Eger in Marzipan.
Eine Glocke aus wohlschmeckender Bronze.
Ein vortrefflich gelungenes Grammophon.
Eine Standuhr und das Minarett.
.....
Höhepunkt der Ausstellung ist jedoch das Barockzimmer!
Lampe, Sofa, Tische, Bilder, Hund - alles aus Marzipan!
Nach den Weinfässern verlassen wir das Marzipanmuseum.
Arnaut Pascha, der osmanische Eroberer von Eger, erbaute auch das türkische Bad, das noch erhalten ist.
Dieses Bad erwartet seine Gäste mit 6 Becken, Wellness- und medizinischen Dienstleistungen
wie Aromakabine, Dampfkabine, Sauna, Infrakabine, Massage und Hamam.
Im türkischen Bad steigt das radonhaltige Heilwasser unter den bodenbedeckenden Steinen an mehreren Stellen hoch,
wie auch im türkischen Becken, dem Spiegelbecken und dem Sprudelbad.
Darüber hinaus befinden sich noch drei Becken im Gebäude, die mit Erlebniselementen der heutigen Zeit entsprechend erweitert wurden.
Die Heilwirkung des im türkischen Bad befindlichen Wassers ist dem darin aufgelösten Radon zu verdanken
das eine entzündungshemmende Wirkung hat und die Endorphin-Produktion des Organismus steigert
und dadurch auf das Wohlbefinden günstig wirkt.
Die ionisierende Strahlung unterstützt auch den Regenerationsprozess der Zellen.
Im mittelalterlichen Erlau hat man den geistreichen gesundheitlichen Spruch gekannt:
"Balnea, vina, Venus corrumpunt corpora sana,
Corpora sana dabunt balnea, vina, Venus."
"Das Bad, der Wein und die Liebe verderben den gesunden Körper.
Aber das Bad, der Wein und die Liebe sichern auch einen gesunden Körper."
Das türkische Bad ist heute in das Thermal- und Erlebnisbad von Eger integriert.
Wie man weiter oben sehen kann hat es bei meinem Besuch geregnet.
Deshalb habe ich vom übrigen Bad (noch) keine Fotos.
Vor dem Bad hat man einen kleinen Park um den St. Josefs Brunnen angelegt.
Aus dem Josefsbrunnen sprudelt zwar kein Heilwasser aber ein natriumarmes Trinkwasser.
Gegenüber vom Bad wurde um das Jahr 2000 die "Bitskey Aladár Schwimmhalle" errichtet.
Was mir der futuristische Architekt Imre Makovecz mit dem teilweise verhüllten Kirchturm sagen will verschließt sich meinem Kunstverständnis.
Jedenfalls trainiert hier der Wasserballclub von Eger, der schon einige Weltmeister und Olympiasieger vervorgebracht hat.
Gehen wir über den Bach mit dem gleichen Namen wie die Stadt dann kommen wir zum "Érsekkert", dem Erzbischofgarten.
In seinem Zentrum steht ein Springbrunnen mit 10 Meter Durchmesser und 7 Metern Höhe.
Fortsetzung folgt!
Liebe Grüße aus Ungarn von waldi