Der Kő-hegy von Budaörs

  • Der Kő-hegy von Budaörs




    Zitat

    Budaörs [ˈbudɒ.ørʃ] (deutsch Wudersch) ist eine Gemeinde mittlerer Größe am westlichen Stadtrand der ungarischen Hauptstadt Budapest.
    Ihren deutschen Namen verdankt die Stadt nicht nur der mehrhundertjährigen gemeinsamen Geschichte von Ungarn und Österreich,
    sondern auch dem Faktum, dass die Gemeinde eigentlich eine schwäbische Siedlung ist.
    Dies ist beispielsweise anhand der Gebäude und deren Bauweise in der Ortschaft erkennbar.


    schreibt Wikipedia



    Am Vormittag des 20. August 2009 habe ich den Entschluss gefasst auf den Kő-hegy,
    den "Steinberg"
    in Budaörs zu steigen.
    Dort hatte ich von weitem eine Kapelle und Kreuze erkennen können.
    Das wollte ich mir mal aus der Nähe betrachten.


    Auf einer Tafel am Weg zur Kapelle…




    ... konnte ich folgendes lesen:




    Über eine Treppe mit 297 Stufen (wenn ich mich nicht verzählt habe)...




    ... stieg ich zur Steinbergkapelle, die eigentlich "Kapelle zur unbefleckten Empfängnis" (Szeplőtelen Fogantatás Kápolna) heißt, auf.



    die Steinbergkapelle mit Umgebung



    Auf einer Tafel neben der Kapelle kann ich die Geschichte der Entstehung nachlesen:




    Die Einweihung 2003 erfolgte durch den Diözesanbischof in Ruhe von Székesvehérvár (Stuhlweißenburg) Antal Spányi.
    Der "Kiritog" (Kirchweihtag) der Kapelle verknüpft sich mit dem Tag der Einweihung,
    dem 15. Oktober, und dem Feiertag der Heiligen Jungfrau Maria am 8. September.


    Da das Dorf Wudersch (heute Budaörs) bis zur Vertreibung nach dem zweiten Weltkrieg zu über 90% mit deutschstämmiger Bevölkerung bewohnt war
    verwundert es nicht, dass die Überschrift der Kapellentüre in deutscher Sprache angebracht ist.



    der Text über der Kapellentüre



    Ob es sich bei der rechts im Bild sichtbaren Marienstatue um diejenige handelt,
    die angeblich vom Papst Pius IX. an den Kapellenerbauer Wendler verschenkte wurde,
    konnte ich nicht in Erfahrung bringen.


    .....
    Blicke in die Steinbergkapelle



    Rechts von der Kapelle steht die gut gelungene Dreifaltigkeitsstatue.


    .....



    Gottvater hält das Kreuz an das sein Sohn Jesus genagelt ist und über allem schwebt die Taube als Sinnbild des Heiligen Geistes.


    Links neben der Kapelle hatte man am Anfang des 20sten Jahrhunderts ein Kreuz eines unbekannten Künstlers mit dem Korpus von Jesus aufgestellt.
    Wie die Kapelle, war auch dieses Kreuz nach der Vertreibung zerstört worden.
    Am 14. September 2008 wurde das neue Kreuz mit dem Korpus von Jesus, geschaffen von József Seregi, eingeweiht.



    das neue Kreuz mit dem Korpus von Jesus



    Wenn man etwas weiter nach links geht kann man die Reste der Höhle des alten Wendler finden.



    die Eingänge zur Steinberghöhle



    Noch etwas weiter links erblickt man ein großes Metallkreuz auf einem Felsen.



    das Metallkreuz auf dem Steinberg



    1994 hatte der in Budaörs geborene und in Bretzfeld lebende Matthias Schmidt die Idee das Kreuz auf dem Steinberg wieder zu errichten
    und fragte bei Bürgermeister Tamás Wittinghoff an, ob er diese Idee verwirklichen könne.
    Dann fragte er die aus Budaörs stammenden Gebrüder Hans und Jakob Konrad, die einen metallverarbeitenden Betrieb hatten,
    wie so ein Metallkreuz konstruiert werden könne und was so ein Kreuz kosten würde.
    Die Gebrüder Konrad erklärten sich spontan bereit, die Kosten für das Kreuz und dessen Statik zu spenden.
    Der Bruder von Matthias Schmidt, Stefan Schmidt, und dessen Geschäftspartner József Marsi aus Szentendre übernahmen den kostenlosen Transport nach Budaörs.
    Am 2. Juni wurde das Kreuz, auf Kosten des Wuderscher Heimatvereins mit einem Hubschrauber zu seinem Platz auf dem Steinberg gebracht
    und am 17. Juni 1995 im Rahmen eines ökumenischen Gottesdienstes eingeweiht.



    Tafel unter dem Steinbergkreuz



    Das alte Metallkreuz hatte man in den 50er Jahren für eine "Alteisensammlung" gebraucht.



    ein altes Bild aus dem Archiv der Bibliothek von Budaörs



    Hinter der Steinbergkapelle befindet sich eine kleine Ebene auf der die Budaörser Passionsspiele 1933 erstmals aufgeführt wurden.



    Bild aus dem Archiv der Bibliothek von Budaörs



    Die Kulissen waren nicht aus Pappe sondern aus Stein und Beton!
    Erst nach dem Krieg wurden sie zerstört.


    Von 1933 bis 1938 wurden diese Passionsspiele, geschrieben von dem Budaörser Lehrer Géza Bató, aufgeführt.
    Dann gerieten sie in Vergessenheit.
    1996 belebte man diese Tradition neu, indem man
    – weil die Texte der Budaörser Passion verschwunden waren –
    die Csiksomlóer Passion in ungarischer Sprache im Kulturhaus aufführte.
    2002 hat man die Originaltexte wieder aufgefunden und die Passionsspiele ab 2003 im Dreijahresrhythmus zweisprachig aufgeführt.
    Inzwischen spricht man vom ungarischen Oberammergau.


    Ein alter Brauch
    - wie die Passionsspiele auch auf die Familie Wendler zurück zu führen –
    war die Verkündung der Auferstehung Jesu durch drei Böllerschüsse vom Steinberg.
    An diesem Tag besuchten auch die Taufpaten ihre Patenkinder und beschenkten sie.


    Vom Steinberg hat man eine herrliche Aussicht auf den Ort.




    Ich konnte die Flugzeuge beobachten, die auf dem Weg zur Parade, anlässlich des Feiertages zu Ehren des ersten ungarischen Königs Stefan, nach Budapest waren.




    Ja, man muß schon genau hingucken.
    Hier ein Bildausschnitt.




    Auf der M1 krochen im Stau die Autos der Stadtflüchtlinge, die ihr langes Wochenende am Balaton verbringen wollten.




    Nach meinem Abstieg vom Steinberg besuchte ich den Kalvarienberg, ein Hügel an dessen Fuß die Kalvarienkapelle steht.



    die Kalvarienkapelle in Budaörs



    Sie wurde vom Diözesanbischof von Stuhlweißenburg, Dr. Nándor Takács eingeweiht und man hat eine Tafel angebracht.



    Tafel an der Kapelle am Kalvarienberg




    Blick in die Kalvarienkapelle


    Ob das alte Holzkreuz wohl früher das Gipfelkreuz war?


    Die katholische Kirchengemeinde begann die Bauarbeiten des Kreuzweges auf dem Kalvarienberg,
    der damals die westliche Ortsgrenze markierte, im Jahre 1921.
    Diese waren erst 1851 völlig abgeschlossen.



    Bild aus dem Archiv der Bibliothek von Budaörs um 1930



    In den Nischen der 14 Stationen des Kreuzweges, die die Leiden und den Kreuzestod von Jesus Christus darstellen, wurde jeweils ein Relief platziert.
    Auch diese wurden nach der Vertreibung zerstört.
    Die Stationen und das Kreuz auf dem Gipfel wurden auch in Zusammenarbeit der oben schon erwähnten Organisationen neu errichtet und im Jahre 2000 eingeweiht.



    der Kalvarienberg heute



    In den Nischen der einzelnen Stationen sieht man heute Bleiglasbilder von dem Künstler Zoltán Molnár Göb.



    die erste Station des Kreuzweges



    Unweit vom Kalvarienberg hätte ich mich im "Szikla-Falatozó", dem "Felsenkeller" für den Heimweg stärken können.
    Das unterließ ich lieber, weil bei Erzsi (meine Schwägerin) sicher schon der Tisch gedeckt war.
    Also verschob ich den Besuch des Weinkellers, der 1856 als Weinpresse erbaut wurde, auf ein nächstes Mal.



    der Felsenkeller



    Ich möchte hier noch einen schönen alten Brauch in Wudersch erwähnen.
    An Fronleichnam hat man früher die Hauptstraße in ein Blumenmeer verwandelt.
    Leider habe ich davon kein Farbfoto.



    Bild aus dem Archiv der Bibliothek von Budaörs



    Dieser Brauch wird heute noch in wesentlich kleinerem Rahmen an der Kirche praktiziert.



    Wer diesen Bericht gründlich gelesen hat, der hat erkannt, dass nach der Vertreibung der deutschen Bevölkerung, am 16. Januar 1946,
    die Spuren der deutschen christlichen Tradition völlig vernichtet waren.
    Erst durch die Bewältigung der tragischen Geschichte der Vertreibung war es möglich, durch Zusammenarbeit der Gemeindeverwaltung von Budaörs,
    der Selbstverwaltung der deutschen Minderheit in Budaörs und der Vertriebenen selber,
    die Zeugnisse der alten Tradition neu zu erschaffen.
    Dazu hat die Städtepartnerschaft mit Bretzfeld, wo sich viele Wuderscher nach der Vertreibung ansiedelten, beigetragen.
    Besonders erwähnt sei nur der Name von Matthias Schmidt, inzwischen Ehrenbürger von Budaörs, der sich hier sehr stark eingesetzt hat.


    Versöhnung ist oft nur eine Worthülse.
    In Budaörs wurde sie mit Leben gefüllt.
    Dadurch waren diese Erfolge möglich.
    Inzwischen ist auch der alte deutsche Friedhof gerettet und man hat dort am 18. Juni 2006,
    60 Jahre nach der Vertreibung,
    eine zentrale Gedenkstätte eingeweiht.



    das Vertriebenendenkmal auf dem deutschen Friedhof in Budaörs
    (fotografiert im Dezember 2007)






    waldi :174:



    Hier kommst Du zur elektronischen Bücherei von Budaörs


    Mehr über die Passion


    Mehr zur Vertreibung


    Mehr zu Geschichte und Trachten

  • Für diesen inhaltsreichen und mit so viel Sorgfalt erstellten Bericht muss ich mir mehr Zeit nehmen. Da gibt es so viel zu lesen!!!
    Deshalb zunächst mal : DANKE für den Bericht, für die Bilder und für die viele Arbeit, die Du Dir damit gemacht hast.
    Mehr dazu, wenn ich mich in den Bericht vertieft habe.


    Gruß,
    Elke

  • Hallo Waldi!


    Mit diesem herrlichen Bericht hast Du Dich wieder einmal selbst übertroffen.
    Musste den Bericht 2 Mal lesen so Interessant war er für mich.
    Glaubte immer Ungarn gut zu kennen, aber Du überrascht mich immer wieder
    mit deinen super Berichten.

  • Was für ein aufwendiger Bericht, Waldi!


    Elke hat recht, den kann man mit einem mal lesen gar nicht erfassen und schon gar nicht wenn man in Urlaub ist.
    Wenn ich zurück bin, werde ich mich noch einmal damit befassen.


    Liebe Grüße


    Bernd

  • Ach das ist Schade, dass wir das nicht mehr schaffen. :cry:


    Wir fahren am 05. Juni für eine Woche mit dem Wohnwagen
    zum Badesee nach Rauchwart, Burgenland.
    Bin aber immer erreichbar, da ich für Österreich auch einen Stik für mobiles Internet habe.

  • Zitat


    Ob das alte Holzkreuz wohl früher das Gipfelkreuz war?


    Ich kann mir vorstellen, dass dieses Kreuz bei der Karfreitagsprozession auf den Kalvarienberg getragen wird. (?)


    Herzlichen Dank für deinen höchst interessanten Bericht.


    Gruß,
    Klaus

  • Ein eindrucksvoller Bericht über die noch eindrucksvollere Geschichte eines Ortes!
    Danke, Waldi!


    Wie wohltuend ist es, von solchen Aktionen und Anstrengungen aus relativ junger Zeit zu lesen, die einerseits altes Kulturgut wieder zum Leben erwecken- andererseits aber auch aktiv Zeichen der Versöhnung setzen.
    Wenn man über die von Dir so umfassend dargestellte Geschichte mit den Höhepunkten und die darauf folgenden dunklen Zeiten nachdenkt, so kann man nur hoffen, dass das , was jetzt erreicht wurde, dauerhaft Bestand haben wird.


    Liebe Grüße,
    Elke

  • Bummel durch Budaörs


    Mitte November war ich zu einem Kurzbesuch bei meiner Verwandtschaft in Budaörs, einem Vorort von Budapest.
    Die Sonne kam manchmal durch die Wolken und animierte mich zu einem Spaziergang. Dabei habe ich auch ein paar Fotos geknipst.


    Als erstes sprang mir dieses schöne Verbotsschild ins Auge.




    Wenns dann doch passiert ist hilft diese "Hundetoilette".




    Am Wegrand hatte dieses Blümchen gerade Besuch - Mitte November!




    Am Damm vor der M1 stehen diese Bäume.




    Die Früchte sehen aus wie Stangenbohnen! Wer kennt den Namen dieser Bäume?




    Diese "Edelfichte" (?) fand ich irgendwie fotogen.




    Ein Blick übers Dorf zum Kő-hegy wo die Passionsspiele immer stattfinden.




    Ich kam auch an der Kirche zum Heiligen Nepomuk vorbei.




    In einer Nische, hoch über dem Eingang ist der Heilige Nepomuk durch ein Drahtgitter und durch Nägel! vor den Tauben geschützt.




    Auch an der Grundschule kam ich vorbei.




    Die Bedeutung der Fahnen von links: Budaörs, Ungarn Europa.
    Ich finde es schön, dass man daran denkt, dass es mal ein "deutsches" Dorf war.


    Hier habe ich mir überlegt ob ich dem Besitzer ein Angebot machen soll.
    Dann könnte ich mich mal Elke anschließen.
    Aber ob der noch zu retten ist...?




    In diesem Gasthof gabs gutes Essem!




    Kein Wunder! Schließlich ist es das "Gasthaus der ungarischen Könige"!




    Zu meiner Freude fand ich unter den Bildern der ungarischen Könige im Lokal auch ein Bild "meiner" Kaiserin.



    von links oben nach rechts unten: Königin Elisabeth, König Franz Joseph, Thronfolger Ferdinand und der letzte ungarische König Karl



    "Wo auch die Königinnen zu Fuß hingehen."




    Auf dem Heimweg dämmerte es schon. Deshalb hatte mein Begleiter schlechtes Licht um dieses Mandelbäumchen zu fotografieren.




    Ich dachte: Ich seh nicht recht! Das Bäumchen trug Blüten - Mitte November!





    Liebe Grüße von waldi :174:

  • Das war ein schöner Spaziergang- es hat Spaß gemacht, mit Dir mal links, mal rechts zu schauen.


    Der blühende Strauch am Ende ist kein Mandelbäumchen- es is ein Winter-Schneeball mit intensivem Duft.


    Die "Stangenbohnen" und die "Edelfichte" überlasse ich Karin, unserer absoluten TOP Botanikerin hier im Forum!


    Zitat

    Hier habe ich mir überlegt ob ich dem Besitzer ein Angebot machen soll.
    Dann könnte ich mich mal Elke anschließen.
    Aber ob der noch zu retten ist...?


    Dieser Oldtimer wäre mit seinem Citroen eine absolute Show- mit dem würdest Du auffallen.
    Ob er zu retten wäre, kann ich nicht beurteilen - mit vielen Stunden/Wochen Eigenarbeit vielleicht ja ( komplett zerlegen, neue Isolierungen, wahrscheinlich innen alles komplett rausreißen..)
    Ein Liebhaberfahrzeug!


    Liebe Grüße,
    Elke

  • Aha! Kein Mandelbäumchen sondern ein Bodnant-Schneeball!
    Wie Wikipedia schreibt, ist das Blühen im November normal. Und ich dachte dass die Natur verrückt spielt. *3\'
    Duft habe ich leider keinen wahrgenommen.
    Danke für die Aufklärung, Elke!


    Reizen würde mich der Citroen-Camper schon, aber das wäre sicher ein Fass ohne Boden.
    Mit der Restauration würde ich mir sicher schwer tun. Ich lass es lieber.



    Liebe Grüße von waldi :174:

  • Hallo Waldi,


    dank deiner schönen Bilder habe ich auch mal ein bisschen was aus Ungarn gesehen .................


    zu diesem Citroen hier




    Zitat

    Dieser Oldtimer wäre mit seinem Citroen eine absolute Show- mit dem würdest Du auffallen.


    da kann ich mich Elkes Meinung nur anschließen.


    Könntest du das selbst machen? Dann ja. Wenn du es machen lässt, würde ich mir erst mal einen Kostenvoranschlag vom Experten einholen.


    Zitat

    Ein Liebhaberfahrzeug!


    so ist es, eine absolute Rarität, mit dem du überall auf der Welt auffallen würdest .....................


    Es müsste der sein.

  • Hallo Waldi,


    deine Berichte zu lesen ist sehr lehrreich. Erfährt man doch so manche Hintergründe und das Bild im Kopf wird klarer.


    Den Citroen würde ich dort lassen wo er ist, denn auch nach einer Restaurierung würde es ein sehr teures Gefährt auf den Autobahnen werden.


    Nun zu deinen "Stangenbohnen". Dieser Baum stammt aus Amerika und wird in Europa gern als Alleebaum gepflanzt. Solltest du die Strecke noch einmal im Frühjahr fahren, dann schau dir mal die wunderschönen Blüten an. https://de.wikipedia.org/wiki/…%B6hnlicher_Trompetenbaum

    Lieben Gruß Karin
    Wer der Sonne entgegen wandert lässt den Schatten hinter sich. (Bruno Hans Bürgel)

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